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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 40.1925

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Nr. 10-12
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Literarisches
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https://doi.org/10.11588/diglit.15943#0129
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schichtliche Entwicklung" tritt die ganze Tragik des Wesens, der Arbeiten und Erfolge des Künstlers
vor unsere Seele. Von 1508 bis 31. Oktober 1512 fesselte die Riesenarbeit das Ricsengenic, bis
die 500 Quadratmeter der bemalten Decke mit ihren 343 Figuren (7 X 7 X 7) bewältigt war. Nach
Schilderung der architektonischen Deckengliedcrnng wird der Inhalt der Deckenbilder dargelegt mit ihre»
geschichtlichen, typologischen und dekorativen Darstellungen, die nun in, einzelnen gewürdigt werden.
Bei der „Erschaffung des Menschen" wird die viclumstrittene weibliche Gestalt, welche der Arnt Icbo-
vas umschlingt, richtig als Eva erklärt. Die Schilderung des Sündenfalls gibt de», Verfasser Ge-
lcgenhcit, das Psychologische in den Gestalten eingehend zu erforschen und treffend herausznhcbcn. Aus-
gezeichnet ist auch die Charakterisierung der Propheten und Sibyllen. Der Verfasser würdigt die ganze
Komposition kurz und schlagend als „ein Werk der kunstreichen Hände, des großen Geistes und des
edlen gotterfülltcn Herzens Michelangelos". „Ein gewaltige Fignrensymphonie dnrchbranst den Raum".
„Tross des Verzichtes auf glutvolle Farbe erzielte Michelangelo eine auch in der koloristischen Behand-
lung höchst reizvolle und hochmalcrischc Gesamtleistung". Die Fresken verraten besonders das hohe theo-
logische Wissen dieses KünstlergcisteS, das er aus der eingehenden Lektüre der Heiligen Schrift schöpfte.
So gelang cs ihm auch, sein Herz in die tiefen Geheimnisse zu versenken, die er malte. Auch sein
persönliches Innenleben projizierte der Meister in seine Gestalte», und darin» erhält das Werk eine
„hervorragend persönliche Note". Der jetzige Zustand des Werkes ist leider nicht mehr geeignet, die ein-
zigartige farbige Wirkung und die ehemalige Leuchtkraft des Goldes zu zeige». Es ist auch fclw schwer,
von der zeichnerischen Herrlichkeit beim Besuch der Sixtina die richtige Vorstellung zu gewinnen wegen
der großen Höhe und Entfernung, in welcher sich die Bilder dem Beschauer repräsentieren. Um so dank-
barer muß man dem Photographen Anderson in Rom für seine ganz außerordentlich guten Lichtbilder
sein, die dem Werke beigcgcben sind. Der Verlag hat keine Kosten gespart, um in Ausstattung und
Schmuck das Beste herzugcbcn für die Veröffentlichung dieses Allerbesten über Michelangelo.

Söflingen. Weser.

AcihilachkSdarstellung Hans Holbcin des Jüngeren. Die Flügel des Obcrried-Altarö in
der UniversitätSkapelle des Münsters zu Freiburg i. Br. von Paul Ga » z.
Herausgegeben vom Münsterbauverei» Freiburg. 16 S. Text, 30 Abbildungen,
Format 27/36, Preis 4 M. Dr. Benno Filfer-Verlag, Augsburg.

Der kenntnisreichste Holbeinforscher der Gegenwart macht mit dieser Publikation ein Werk ans
dem Anfang der Renaissance in Deutschland, eine der schönste» Schöpfungen von Hane Holbci» d. I.,
den weiteste» Kreisen Deutschlands zugänglich. Es sind zwei Flügel cincs Altars, dessen Mittelstück
verloren ging, mit den Darstellungen der Anbetung der Hirten und den drei Weisen, ei» Frühwcrk
HolbeinS ans der Zeit von 1521 und 1522. Der ganze Altar war einst gestiftet von Hans Oberried,
Kaufmann in Basel, aber aus Freiburg stannnend, zuletzt Ratsherr und Drcierhcrr in Basel, bis er
infolge der Reformation sei» Amt verlor und »ach Freiburg in Verbannung ging. Dahin »ahm er die
vom Baseler Bildersturm 1529 geretteten Flügel, die zu dem von ihm in die Kartause von Klein-
Basel gestifteten 2lltar gehörten, mit. Seine mit Anton Bacr verheiratete Tochter Elisabeth vermachte
die Flügel 1554 in die UniversitätSkapelle zu Freibnrg, wo sie als Hauptbild cincs neuen FlügclaltarS
Verwendung fanden und 1866 durchgreifend restauriert wurden. In den ersten drei 2lbschnitten des Textes
wird uns die Geschichte des Altars und der Familie erzählt; der vierte 2lbschnitt ist der Stiluntersnchung
gewidmet, wobei de» Quellen dieser Holbein-Bilder nachgegangen wird, was Gelegenheit gibt, die
Beziehungen HolbeinS zu Baldnng Grien und Grünewald anfzudecken. Im letzten Kapitel geht der Ver-
fasser an die Rekonstruktion des ganzen Altars, zu dem die Flügel gehörte». 2lls Mittclbild nimmt der
Verfasser eine Beweinung Christi an, von der sich eine kolorierte Federzeichnung in Paris vorfindet.
2lls die Predella hinzu postuliert Ganz den Leichnam Christi in der öffentlichen Kunstsammlung zu Basel,
der mit 1521 datiert ist. Diese Jahreszahl würde auch sehr gut paffen für die Entstehungszeit der
Flügel kurz »ach der Rückkehr HolbeinS aus Italien. Der Verfasser weist ganz mit Recht hin auf die
2lehnlichkeit des Kopfes des toten Christus mit dem Kopf des Hirten und des hl. Joseph auf dem
Flügelpaar. Der Beweisführung des Verfassers wird man nur zustimmen müssen. Die Betrachtung
der bcigcgcbencn, vorzüglichen, großen Abbildungen ermöglichen cs dem Leser, den überzeugenden Aus-
führungen des Verfassers sehr leicht folgen zu können.

Söflingen. Weser.

Gstischc Madonncnstatucn in Deutschland. Von Ad. G o l d s ch m i d t. >923. Dr. Benno
Filser-Verlag, Augsburg, 15 S. Tert, 59 Abbildungen, Format 24/32, Preis
gebd. 4 M.

Man kan» kein Buch über mittelalterliche Plastik zur Hand nehmen, ohne immer wieder zu finde»,
wie notwendigerweise auf bestimmte, geradezu typische Werke der französischen und deutschen Kunst hin-
gewiesen wird. Das ist ganz besonders der Fall bei den. Streben, eine Statue der Muttcrgottes zu
datieren, ihre Abhängigkeit von dem einen oder anderen Typus festzustcllen und sie in die Gefamtcntwick-
lung einzureihen. Es ist ein besonderes Verdienst Goldschmidts, in dieser Schrift für die Skulptur der
Madouncnstatuc diese Type» herausgestellt zu haben, so daß man sie immer bequem zur Hand hat, um
Vergleiche anzustellen und zu kontrollieren. Die feine, kurze Einleitung gibt eine übersichtliche, genaue
Charakterisierung dieser Typen, und die vorzüglichen Bilder illustriere» das Gesagte in ganz ausge-
zeichneter Weise. Dabei handelt cs sich für de» Verfasser vor allem um die formale» Probleme der

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