Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 42.1927

DOI Heft:
1. Heft
DOI Artikel:
Literatur
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15945#0038
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Literatur.

Nägele, Anton, Die Heilig-Kreuzkirche in
Schwab. Gun'ind, ihre Geschichte n»d
ihre Kunstschatze. Gmünd 1925. 4".
327 S. 103 Abbildg. Kunstdruck-
papier. Orig. L.band mit Goldpres-
sung. Jetzt ermäßigter Preis
10 Mk. Zu beziehen durch K. Kir-
chenpflege Gmünd.

Bei dem Bischofsjubiläum ist, wie cs
nicht anders zu erwarten war, auch die kirck-
liche Kunst tind Kunstgeschichte sehr aus-
giebig zum Wort gekommen. Zu den er-
freulichsten Erscheinungen auf diesem Ge-
biet zählt NägelcS Monographie über die
Heilig-Kreuzkirche in Schwäb. Gmünd,
eines der Geschenke der Heimatgemeindr
des hohen Jubilars. Damit ist zugleich
eine alte Ehrenschuld abgetragen und einem
der herrlichsten Denkmäler mittelalterlicher
Kunst in schwäbischem Lande eine seiner Be-
deutung entsprechende ästhetische, bau- und
kulturgeschichtliche Würdigung widerfahren.
Der Grund, warum sic erst so spät erfolgte,
liegt wohl in der Eigenart des Bauwerks
selber. Das Ulmer, Straßburger, Frei-
burger Münster, die Dome von Speyer,
Mainz, Worms, Regensburg, Köln reißen
de» Beschauer beim ersten Anblick zu sich
empor und mit sich fort. Die Gmünder
Heilig-Kreuzkirche weckt zunächst ein Miß-
behagen und Bedauern, den Eindruck des
Unvollständigen und Unvollendeten. Die
Türme fehlen. Andererseits sind die Di-
mensionen derart bedeutende und die De-
tails so reich, daß cö schwer hielt und auch
heute wieder schwer hält, das kostbare Ver-
mächtnis der Vergangenheit auch nur in
seinem Bestände zu erhalten. Ein Einholen
der Versäumnisse früherer Jahrhunderte,
eine den Maßverhältnissen von Schiff und
Chor entsprechende Turmanlage verbietet
die Not, und über die konservierende Tätig-
keit hinaus ist vorerst nur eines möglich:
das Verständnis und das Interesse für das
Kunstwerk wacherhaltcn und der Heran-
wachsenden Generation so nachdrücklich ein-
hämnter», daß das Bewußtsein des Wertes
der Kirche nicht geschmälert werden und
nicht verlorengehen kann.

Nicht nur das Interesse, sondern auch
das Verständnis für das Gmünder Kunst-

werk zu wecken und zu beleben, dazu eignet
sich NägeleS Arbeit vorzüglich. Schon der
Uinfang, 20 Quartbogen, zeigt, daß es sich
iricht um eine Festschrift im gewöhnlichen
Sinn, eine ad hoc gefertigte und vielleicht
auch noch überhastete Gelegenheitsschrift
handelt, sondern um eine von langer Hand
her vorbereitete, vollwertige Gelehrtenarbeit.
Neben der Kunstgeschichte in allen ihren
Zweigen kommt auch die Kultur- und Lokal-
geschichte zu ihrem Recht. Wohl ist dem
Fachmann nicht alles neu, was geboten
wird, aber das Buch wendet sich eben nicht
nur an Fachleute, sondern will vor allem
Werbeschrift für die Erhaltung der Kirche
sein. Aber auch dem Fachmann ist es in-
teressant, sich wieder einmal auf den Nähr-
boden zurückversetzt zu sehen, aus dein die
Gotik als das selbstverständliche Produkt
emporschoß, ihr Verhältnis zur Renaissance
tind den konkreten Übergang zu derselben
zu verfolgen. Und dann wird er doch durch
ein überaus reiches Detail über Baubeginn,
Baucharakter, Baumeister, Parlerprobleme,
Baugewerke, Hilfsquellen, äußeres und in-
neres Raumbild, Plastik, Altäre, Male-
reien, Grabmäler, Goldschmiedekunst,
Pfarrverhältuiffe, Romantik und ihre Aus-
wirkung in Gmünd erfreut, daß er dem
Ganzen seinen Beifall nicht versagen und
es nach der erstmaligen Lektüre auch nicht
weglegen, sondern später wieder zur Hand
nehmen und über all die Probleme befragen
wird, die sich dem aufmerksainen Beschauer
des Baues immer wieder aufnötigen. Wir
enthalten ims absichtlich einer umfassende-
ren Reproduktion des Inhalts, denn wir
wollen dem Buch nicht vorgreifen und noch
viel weniger Abtrag tun, sondern nur zur
Lektüre — und um seines praktischen Zwek-
keö willen — zur Anschaffung aufmuntern.

Eines aber darf hier hervorgehoben wer-
den: die Fülle des behandelten Materials
wirkt nicht verwirrend, und hat den Ver-
fasser auch nicht verleitet, die Probleme
übers Knie abzubrechen oder sich an ihnen
vorbeizudrücken, sondern Frage um Frage
wird mit der Einläßlichkcit und Ruhe er-
örtert, die alle seine bisherigen Arbeiten
auSzeichnet, in letzter Instanz auf die solide
historisch-kritische Schulung im philologi

34
 
Annotationen