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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 42.1927

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Naegele, Anton: Aus dem Leben und Schaffen eines schwäbischen Künstlers in Rom: zum Gedächtnis des 100. Geburtstages des Bildhauers Prof. J. v. Kopf (1827 - 1903)
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https://doi.org/10.11588/diglit.15945#0047

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durchgeführt. Die heikle Situation des Vaters zwischen der rechtmäßigen
und der illegitimen Gattin, den Müttern beider Söhne, ist meisterhaft
charakterisiert; für den zornigen, die peinliche Lage erfassenden kleinen Iömael
stand der schöne Ludovico Seil;, später Maler und Galeriedirektor in Ron,,
Modell. Die Skizze fand entsprechend dem prophetischen Wort des Corne-
lius von der Schicksalswende manchen Werks den Beifall des Königs
Wilhelm >- von W ü r t t e m b e r g, der die Ausführung des Hagarreliefs
in Marmor bestellte (1857), (eine Wiederholung [1868] in Manchester)
(Abb. 2).

Das erste große, langersehnte, langerträumte Glück sollte ihm ans der
Heimat kommen und ward durch die Gunst des bald darauf in Rom eintref-
fenden Kronprinzenpaares Karl und Olga und deren Verwandten am russi-
schen Hof erhöht. So konnte der kerndeutsche Mann das von seinen deutschen
Kunstgenossen geübte „Angeln nach Angelsachsen", nach Engländern und
Amerikanern, in Rom wohl unterlasse».

Weitere biblische Stoffe beschäftigten ihn dainals noch auf der später säst
ganz verlassenen Bahn der christlich-historischen Kunst: SalomonS Urteil (in
Manchester, Marmorrelief), Ruth (später in den ährenreichen Sommer
umgetanft; Statue in Stuttgart und Donaueschingen), Betsabe im Bad
(1868; Stuttgart Galerie), die Gruppe Pntipharö Weib und Joseph von
Ägypten, von deutschen und englischen Kunst«,äzenen, auch Königin Olga, als
zu „shocking" empfunden, dagegen von ReichSpoftmeister Stephan und Pro-
fessor Häckel gerühmt. Wachsende Bestelleranfträge inspirierten den Künst-
ler besonders zu allegorischen Figuren für Gärten und Schlösser, wie Neme-
sis, Fortuna, die vier Jahreszeiten; Gestalten voll klassischer Schönheit und
doch großer Lebenswahrheit. Nach seines Freundes Sigmund Münz Bemer-
kung hatte sich der Künstler früher als der Mensch vom kirchlichen Geist loS-
gesagt, weshalb auch sein früherer Gönner Cornelius seine Abkehr vom Naza-
renerideal als Apostasie, Abfall vom höheren Streben und Jagd nach Ver-
dienst brandmarken zu müssen glaubte. Kopf vereinigte eben nach der Münz-
schen Charakterzeichnung „den Künstler und Weltmann, der gesunden Sinnes
den Forderungen der Gegenwart gerecht zu werden weiß und auch darauf be-
dacht war, sich Geltung und Reichtum zu verschaffen". Ein weiteres bedeut-
sames Ereignis in Kopfs Künstlerleben war der erste Versuch, eine Büste
des holländischen Malers Kleyn mit seinem Mark-Anrel-Kopf zu modellieren;
er ließ das von, Meister selbst noch nicht geahnte Haupttalent, überraschend
scharfe Beobachtung der Natur und des Charakters des Menschen, bald er-
kennen und eröffnete das Tor zum Teinpel wahrhaft klassischer Porträt-
plastik, dem Hauptgebiet seiner vielbewunderten und vielbegehrten künstle-
rischen Betätigung. Immer größer wurde der Kreis der Gönner und Be-
steller des schwäbischen Bildhauers; Fürsten, Gelehrte, Knnstgenoffen, Poli-
tiker, Industriemagnaten besuchten sein Atelier in Rom oder luden ihn in die
nordische Heimat.

Die w ü r t t e m b e r g i s ch e K ö n i g S f a m i l i e bewahrte den, Schwaben
die in Ron, 1857 erworbene Gunst; ebenso deren Verwandte, russische Groß-

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