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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 42.1927

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Naegele, Anton: Aus dem Leben und Schaffen eines schwäbischen Künstlers in Rom: zum Gedächtnis des 100. Geburtstages des Bildhauers Prof. J. v. Kopf (1827 - 1903)
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https://doi.org/10.11588/diglit.15945#0051

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eine Klage, die vor wie nach dem Weltkrieg leider nicht ganz verstummen
sollte').

Kein Wunder, das; Kopf dem Untergang des Kirchenstaats keine Träne
nachweinte, und wie die Einigung Italiens begeisterte ihn und die ganze deut-
sche Kolonie die Einigung Deutschlands, die auf den Schlachtfeldern Frank-
reichs geschah. Der Schwabe wuchs in der Fremde schneller als mancher
tut Süden der Heimat ins neue Deutsche Reich hinein. Deutsch waren vor-
nehmlich seine gesellschaftlichen Beziehungen, deutsch der Kreis seiner be-
deutsamsten künstlerischen Schöpfungen und deren Besteller. Die hervor-
ragendsten Vertreter der deutschen Gesellschaft, die sich in einem halben Jahr-
hundert in Rom einfanden, wählten ihn zum bevorzugtesten Porträtisten; zu
ausgeprägt war fein deutsches Empfinden, als daß es ohne internationale
Glätte viele Nichtdentsche hätte anziehe» können. Doch bekam er auch Nicht-
angelsachsen, ohne nach ihnen zu „angeln", in seine Kundschaft.

Nach dem glorreichen Ende des Siebzigerkriegs folgte neue Heimreise lind
neue Einladung an den königlichen Hof von Württemberg. Olgas Geburtstag
wurde a»l 11. September 1871 in Gegenwart Kaiser Wilhelms l. in Fried-
richshafen gefeiert, wo vernlutlich auch die Beziehungen zwischen dem Kaiser-
haus und denl Künstler angeknüpft wurden. Während nun der erste deutsche
Kaiser, sein Sohn und Enkel dem schwäbischen Bildhauer die Sonne ihrer
Gunst zuwandten, sollte sich durch Misiverständniffe oder Hofintrigen das
Verhältnis zum heimatlichen Herrscherhaus trüben, das ihm zum Professors-
titel den persönlichen Adel nlit den: Kronenorden verliehen hatte. Nahezu
20 Büsten deö Herrschers des neuen Deutschen Reiches durfte Kopf anfer-
tigen, eine davon in der Berliner Nationalgalerie, eine andere im Festsaal
der Tübinger Universität, eine weitere in den Anlagen zu Baden-Baden, wo
ihn» der Großherzog von Baden ein Atelier errichten ließ. Wiederholt saß
dort Wilhelm l. als Modell und seine schlichte Größe erfüllte den Künstler
mit höchster Bewlindernng für den ersten Hohenzollernträger der Kaiserkrone.
„Mein lieber Haupt" pflegte die Majestät den Schwaben scherzhaft zu nen-
nen. So wie Meister Kopf ihn geschaut, steht des alten gütigen Herrschers
Bild in den Herzen der Deutschen geschrieben. Der damalige Kronprinz
Friedrich, über dessen Thronbesteigung und Regiment der 99 Tage neueftens
bemerkenswerte Aufschlüsse ans des Sohnes und Exkaisers Hand erschienen
sind, spendete den Kopfscheu Kaiserbüsten hohes Lob. „Die Büste, die Sie
von meinem Vater, dem Kaiser, gemacht haben, ist vorzüglich, weitaus die
beste, die wir von ihm haben. Die Kaiserbüsten, die man offiziell überall auf-
stellt, sind mir schrecklich, ich schatie sie nie an". Ähnlich wie über diese Büste
in Baden-Baden äußerte sich über die in Berlin Kaiser Wilhelm II. Bei der
Enthüllung der Büste der Kaiserin Angusta in dem Wcltknrort, wo

*) ®ie Darstellung des nuf /oben Fall betrüblichen Erlebnisses INI Nachtrag zum Zentenarartikel in,
Deutschen Volksblatt i?. 3. 27 ist weder psychologisch noch geschichtlich begründet und stellt im Widerspruch
mit den Akten. Bester unterrichtet scheint der Versaffer des Artikels: „Deutsche Künstlcrwcrkstätten in
Rom" in der Auslandswochenausgabe der Kölnischen Zeitung Nr. 7 vom 16. Februar 1927, St. Sonor,
aber ihm führt offenbar auch der Konkurrenzneid des Vaters und Oheims, Bildhauer und Zeitgenossen
Kopfs in Rom, neben Klatschsucht und Gedächtnisschwäche die Feder.

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