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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 42.1927

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3. Heft
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Naegele, Anton: Ein alter Tübinger Jubiläumspokal aus einer Ulmer Goldschmiedswerkstatt des 17. Jahrhunderts
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Gageur, Oskar: Der neue Marienaltar in der Wengenkirche zu Ulm a. O.
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https://doi.org/10.11588/diglit.15945#0096

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Kienlin als Meister des Tübinger Iubiläumsbechcrs in Betracht kommen,
besten Entstehungszeit ja durch die Widmung chronologisch genau bestimmt ist.

Ob die merkwürdige Form des Festpokals des Meisters eigene Erfindung
ist? Der so seltenen Dreiteilung der Becher kann ich nur einen zweigeteilten
und einen viergeteilten Becher aus Frankfurter Sammlungen gegenüber-
stellen. Frau Direktor Ullmann besitzt einen Doppelbecher in Gestalt eines
Fastes mit gravierten Friesen auS dem Bauernleben, die Arbeit eines Dan-
ziger Goldschmieds £. K. aus dem 16. Jahrhundert. Noch eigenartiger ist der
vierteilige Traubenpokal der Frau Generalkonsul Baer: drei gebuckelte Trau-
bengefäße erheben sich auf drei naturalistisch gebildeten Ästen über einem zwei-
stufigen Fuß mit Buckelornament. Glatte Stege verbinden die verzierten
Deckel der drei Becher; darauf steht ein vierter kleiner Buckelpokal als Krö-
nung. Das Werk stammt von einem Nürnberger Meister Andreas Michel,
der 1630 bezeugt ist. Die Komposition dieses N ü r n b e r g e r Pokals erinnert
stark an unsere Ulmer Arbeit zum Universitätsjubiläum und kann wohl dem
vier bis fünf Jahrzehnte jüngeren Kleinod als Vorbild direkt oder indirekt
gedient haben, nur ist hier statt des weinrebenumwundenen Stammes eine
Frauengestalt als Schaft und statt des krönenden vierten Becherleins aber-
mals eine allegorische Figur gewählt worden.

Wie dem auch sei, jedenfalls kommt dem Tübinger Jubiläumsbecher aus
Ulmer Werkstatt und Eßlinger Stadtstiftung geschichtliche wie kunstgeschicht-
liche Bedeutung zu, die über die schnellwandelnden Tage der vergangenen
Viereinhalbjahrhundertfeier unserer Landesuniversität hinausgeht.

Der neue Warienallar in Der Mligenkirche ju Ulm a. D.

Die Renovation der altehrwürdigen Wengenkirche mußte sich infolge der
Inflation auf die kunstgerechte Erneuerung der Deckengemälde und des Wand-
schmucks beschränken. Erst 1926 erhielt der Chor einen Barockaltar aus dem
Jahr 1740 von Benedikt Ekhard von Friescnhofen, den Meister Hammer von
Schwendi aus seinem vierzigjährigen Dornröschenschlaf auf der Kirchenbühne
von Oberstadion erweckte. Der in neuer Pracht erstandene Altar mit seinem
Ölgemälde von Fr. 3E. Neher erscheint in seinen Maßen wie angegoffen an den
lichten Chorraum. Eine äußerst glückliche Lösung.

Mehr Kopfzerbrechen schuf der M a r i e n a l t a r. Das Landesamt für
Denkmalpflege stellte als Norm auf: keine dilettantenhafte Nachahmung des
italienischen Stiles, sondern ein neues, modern empfundenes, aber dem Geist
des Ganzen sich einfühlendes Werk.

Es wurde zugleich von dort ein einheimischer junger Künstler empfohlen,
Otto Heim aus Geislingen, in Stuttgart, der mehrere Jahre den Geist des
Barock in Italien auf sich wirken ließ, ohne fein Eigenes dabei zu verlieren.
Sein Modell fand in Stuttgart wie bei der Kirchenbehörde Zustimmung.
Sein Erstlingsaltarwerk ist auch überraschend gut gelungen. In wenigen
Monaten wuchs der dreigeteilte Blatthintergrund unter seiner feinen Künstler-
band empor mit seinem köstlichen, im Modell nicht vorgesehenen Engelkranz,

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