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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 42.1927

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3. Heft
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Gageur, Oskar: Der neue Marienaltar in der Wengenkirche zu Ulm a. O.
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https://doi.org/10.11588/diglit.15945#0097
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ein Spiel seiner frei schaffenden Phantasie. Die Madonnenfigur erstand eben-
falls in Ulm in dem Pförtnerstübchen der wuchtigen Renaiffanceruine des zum
Teil abgebrannten sogenannten „Neuen Baus". Dort hat auch der hochselige
Bischof Dr. Keppler einmal den Künstler ausgesucht. Um den rechten Seh-
winkel zu erhallen, kniete der Bischof auf den lehmbeschmutzten Boden und
schaute der werdenden Madonna lange ins Auge. Dann drückte er dem Künst-
ler schweigend die Hand. Das bedeutet nach meinen Erfahrungen auf unseren
gemeinsamen Wanderungen in Italiens Kunstwelt eine gute Kritik. Bald

konnte zuletzt Meister Hammer mit feinem Kunstgefühl ein Füllhorn von
Farbenpracht und Goldstaub über das ganze Gebilde auSgießen.

Der Marienaltar kann ebenso auch als ein Christusaltar ange-
sprochen werden. Mittelpunkt des Ganzen ist doch das heilige GotteSkind, und
die Symbolik auf dem lichtvollen Hintergrund ist nichts anderes als ein Iesus-
leben im Bilde, als das Leben, Leiden und die Verherrlichung des Heilandes
nach den Geheimniffen des Rosenkranzes. Der ganze Altar ist ein künst-
lerischer Ausdruck der uralten katholischen Überzeugung: Mutter und Kind,
Jesus und Maria sind unzertrennlich verbunden in Schrift und Tradition, in
Bethlehem und Nazareth, im Denken des christlichen Volkes, in der streiten-
den wie triumphierenden Kirche. Alle Symbole, die der Freude wie die des
Schmerzes, sind auf leuchtendem Goldgrund eingetragen. So soll es auch im
Leben des Christen sein. Die Seele muß in Freud und Leid vom Lichtglanz der
Gnade erfüllt sein. Ohne die Gnade ist auch die schönste Erdenfreude eitel

Der neue Marienaltar in der Wengenkirche zu Ulm a. D.

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