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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 42.1927

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4. Heft
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Häcker, Otto: Der Barockbaumeister Franz Keller und seine Tätigkeit auf württembergischem Boden
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https://doi.org/10.11588/diglit.15945#0117

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versehen. Und die Ausführung des Plans duldete keinen Aufschub, nachdem
1720 ein Brand die Vorhofgebäude und den Ostflügel des HauptbaueS selbst
beschädigt hatte. So wurde diese Arbeit in einem Zug von 1720 bis 1726
vollführt, wie eiserne Ofen beweisen, die das Wappen Franz Ludwigs mit der
Jahreszahl 1726 zeigen, insbesondere ein Kolostalstück im Weißen Saal (mit
der heutigen Sammlung für Natur- und Vorgeschichte). Wie der Augenschein
zeigt, ist auch das ganze Innere des Schlosses mit wenigen Ausnahmen ein
Werk aus einem Guß in jenem frühen Regenceftil, wie er in der Zeit von
1720 bis 1730 an führenden Plätzen herrschte. Und wer die sonstigen Arbeiten
Kellers kennt, wenn auch nur aus dem Durchblättern des Schlegelscheu
Buches, wird auch im Gesamtcharakter und in zahllosen Einzelheiten die per-
sönliche Note dieses Künstlers wiederfinden. Es kann also kein Zweifel be-
stehen, daß Keller, der bis Ende 1724 lebte und in voller Arbeitskraft stand,
das Meiste und Entscheidende selbst geschaffen hat, und daß daö Fehlende von
ihm so weit vorbereitet war, um seinen bisherigen Gehilfen ohne Wechsel der
Bauleitung die Vollendung zu ermöglichen. Der Bauherr, der mit Keller-
zufrieden war und seinen Tod „mißliebig vernahm", hat hier sicher schon der
Kosten wegen nicht ohne Not wegen deö Restes der Arbeit eine neue Fachgröße
berufen, wie dies in Mergentheim unvermeidlich war. Wir wissen auch durch
Klaiberö und RettenmaierS Forschungen"), daß Balthasar Neumann, den
Franz Ludwig nach Kellers Tod für Mergentheim beizog, mit Ellwangen erst
durch den nächsten Fürstpropft Franz Georg von Schönborn (1732 — 56)
befaßt wurde und dort seine Haupttätigkeit auf das Regierungsgebäude und
die Neugestaltung des Stiftskirchenplatzes verlegte, während er sich auf dem
Schloß auf Tiefbauarbeiten beschränkte, um den äußeren Hof dem neuen
Haupleingang, der von Franz Georg 1739 in den Ostflügel verlegt worden
warst"), anzupassen und die Wasserversorgung zu verbessern. Ganz hervor-
ragende Leistungen Kellers sind insbesondere der lichtvolle Festsaal, in
welchem heute der Thron des Königs Friedrich von Württemberg steht und der
Geschichts- und Altertumsverein eine HeimatkunftauSstellung führt"), und die
entzückende Schloßkapelle, die der Künstler aus einem ganz unregel-
mäßigen Grundriß heraus zu gestalten verstand und in genialer Weise dadurch
erweiterte, baß er den Chor auf eine Brücke legte, die in großem Bogen den
inneren Burggraben überspannt und den Hauptbau mit dem „Vorschlößchen"
und den darin eingerichteten Sakrifteikammern verbindet. Eine Renaissance-
säule unter der Orgelempore sowie das aus der Zeit des Dreißigjährigen
Krieges herrührende Schreinwerk beweisen, daß es sich auch hier um eine Um-
gestaltung eines schon bestehenden Kirchenraums handelt, die doch keineswegs

d) Hans Klaiber: Neumanns Bautätigkeit in Ellwangen. Monatshefte für Kunstwissensch.
VI. Heft 3. S. 111 ff. (1913). — Ph. Retten maier: Arnold Friedr. Prahl, Ellw. Jahrb.
1917/19, S. 1 ff.

10) Irrtümlich bezieht Gradmann (Kunstwanderungen 2. Aufl. 1926, S. 176 und 182) die an
diesem 1739 durchgebrochenen Portal angebrachte Jahreszahl auf die Erneuerungsarbeiten Kellers
und verwechselt auch in dieser Auflage imnier noch Franz Ludlvig von der Pfalz mit seinem Nach-
folger Franz Georg von Schönborn.

u) Vgl. O. Häcker: Schloß Ellwangen; Führer durch die Ausstellung für Heimatkunst.
Ellwangen 1913.

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