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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 43.1928

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1. Heft
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Rohr, Ignaz: Ein Jahrhundert Diözesanbaugeschichte
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https://doi.org/10.11588/diglit.15946#0007
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stellte die Diözese rasch vor gewaltige Ausgaben. Man scheute vor denselben
nicht zurück, und gerade die Fürsorge für die Diaspora stellt unser» Diözesa-
NLN und ihrer Opferwilligkeit ein sehr ehrenvolles Zeugnis aus. Die Dia-
sporagemeinden selber konnten meist nur geringe Beiträge leisten, denn zu-
nächst zog nur in die Stadt bezw. die Großstadt, wer sich in der Heimat nicht
oder nur schwer durchbrachte, abgesehen natürlich von den Beamten, und
deren, die in Altwürttemberg einzudringen vermochten, waren eS auch hier zu-
nächst sehr wenige. Trotzdem hat ein halbes Jahrhundert genügt, die Dia-
sporakirchennot zu heben. Den Anfang machte Freudenstadt im Jahre 1858,
dann folgte Geislingen 1866, Göppingen und Aalen 1867, Tuttlingen 1868,
Wildbad 1870, Tübingen 1875, St. Maria in Stuttgart 1879, Heiden
heim 1882, Calw und Bietigheim 1885, Hall 1885 —86, Crailsheim 1887,
gleichzeitig Ebingen, Backnang 1893, St. Nikolaus Stuttgart 1895 —96,
Balingen 1898, St. Elisabeth Stuttgart 1900 — 01, Zuffenhausen 1902,
Untertürkheim 1906, Cannstatt 1910, Kornwestheim 1920, Heilbronn
(St. Augustin), Ulm (St. Elisabeth, Friedenskirche), Degerloch (Mariä-
Himmelfahrts-Kirche) folgten bald. Nebenher geht eine Reihe von Oratorien
und Betsälen in der Diaspora und Kirchenerweiterungen und Neubauten in
rein katholischen Gemeinden.

Die älteste Diasporakirche, die von Freudenstadt, wird in Kepplerö Würt-
tembergischen Kunstaltertümern als romanisch bezeichnet, aber mit Anfüh-
rungszeichen — nicht ohne Grund; — denn romanisch sind nur die rund-
bogigen Fenster. Alleö andere am Bauwerk ist reiner Notbehelf. Anders ist
es mit den Kirchen von Geislingen und G ö p p i n g e n. Sie leiten nicht
nur zeitlich, sondern auch inhaltlich eine neue Bauperiode ein. Die Arbeit lag
so ausschließlich in der Hand des damaligen Dekans und späteren Prälaten
Schwa r z, daß in Geislingen sogar der Bauplatz auf seinen Namen einge-
tragen war. Er selber sagt: „Noch nicht leicht ist eine Kirchenbauherrschaft
so frei, so unbehelligt von fremden Einflüffen und offizieller Oberleitung ge-
wesen, wie der Bauherr dieser Kirche." Am 24. April 1866 wurde der
Grundstein gelegt, am 24. Oktober desselben Jahres die Kirche eingeweiht
und zum erstenmal seit 335 Jahren in Geislingen wieder katholischer Got-
tesdienst gehalten. Schwarz ging von dem Grundsatz aus: „In einer Stadt,
und vorab in einer protestantischen, soll ... Kirche und katholischer Gottes-
dienst wenn auch Einfachheit, so doch eine mehr als gewöhnliche Würde und
Noblesse atmen", durfte aber nicht mehr als ca. 9000 Gulden milder Bei-
träge als Bausumme in Aussicht nehmen und hoffte, dantit zu reichen, dachte
an massives Gemäuer nur bei Chor, Turm und Sakristei, für das Schiff
lediglich au Holz. Und doch entging es ihm nicht, daß gerade Holz zur Zeit das
teuerste Baumaterial fei. Nach einem andächtigen Oe prokunck>8 in der Nähe
des Gottesackers anläßlich eines Ganges zu einem Sterbenden fragte er sich:
„Warum baut man denn die Privathäuser nicht mit drei bis vier Schul,
dicken Mauern? Sie fallen deSbalb doch nicht ein. Ja freilich, wegen des Ein-
baus an Stockwerken und Fachwerkmauern. — Ob eine drcifchiffige Anlage,
niedrige Seitenschiffe, Pultdächer mit möglichst geringem Seitenschub und
 
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