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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 43.1928

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1. Heft
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Rohr, Ignaz: Neue kirchliche Edelmetallkunst
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Pfeffer, Anton: Rudolf Cammisar
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https://doi.org/10.11588/diglit.15946#0019
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weißemaillierten Kreuze ruhen auf sorgfältiger AuSsägearbeit mit reicher
Körnerbelötung und werden von je vier Metallkrabben gehalten. Die Trauben
baben grün und blau meliertes, die Traubenmittelstücke weißes Email. Das
Strahlenornament ist durch Metallkörner belebt. — Eine Monstranz für die
Mariä-HimmelfahrtSkirche in Degerloch bei Stuttgart ist soeben vollendet;
ein ganz der Architektur der neuen Kirche und ihrer Altarform sich anschlie-
ßendes Werk voll köstlicher Zierat in Email und Edelstein. (Abb. I.)

Der Ruf Möhlers ist also bereits über die Landesgrenzen hinauSgedrungen, ja
sogar über denKanal hinüber.Denn die führendeKunstzeitschriftEuropaS,„The
Studio" (London), bringt Reproduktionen des Ziboriums von Spaichingen,
eines Schmuckgegenstandes, des Geigers von Gmünd und der SportsiegeS-
faule, rühmt das „wundervolle Talent", die „gewaltige Energie" und die
„künstlerischen Fähigkeiten" Möhlers und fährt dann fort: „Seine Stücke
zeigen Originalität im Modellieren und in der Linie, ohne irgendwelches be-
wußte Jagen nach Effekt. Sie ermangeln jeder expressionistischen Tendenz und
es ist kein Versuch exzentrischer Neuerung. Seine zeichnerische Gewandtheit
und sein schöpferisches Geschick, verbunden mit vollendeter Meisterschaft in der
Goldschmicdekunst, geben Möhlers Arbeit einen besonders vollendeten Eigen-
stil. Eine künstlerische Persönlichkeit zeigt sich in all seiner Arbeit, und seine
Zukunft wird beobachtet mit scharfem Intereffe von allen denen, die des Mei-
sters Hand schätzen können." — Möge es ihr nie an Aufträgen fehlen!

(fiuDo(f Cammifar.

Von A. Pfeffer, Rottenburg a. N.

Rudolf Cammisar, der 35jährige, Sohn reichsdeutscher protestantischer
Eltern in Colmar, der im Kriege den Weg zur katholischen Kirche fand —
was ist größer an ihm, der Willens- und Tatenmensch oder der feingeftimmte
Natur- und Malerpoel? Was ist größer an ihm, das Wurzelechte, Boden-
ständige, Naturgesunde, oder die Wucht und Kraft des schöpferischen Gedan-
kens, kühner Phantasie und Formgestaltung?

Schon mit vier Jahren fühlte sich das Kind beglückt durch stundenlanges
Betrachten von Theaterkulisien mit Landschaftsdarstellungen, oder durch das
tiefe Funkeln der spätgotischen Fenster der Colmarer Magdalenenkirche. Mit
sieben Jahren bot das lange Betrachten der Baumschläge im Walde, der be-
moosten Rinde an Buchenstämmen mit ihrem Waldesduft und Waldeszauber
still-inniges Glück; der Schwarzwald mit seinen murmelnden Bächlein und
lauschigen Waldwiesen wurde schon damals das Bild seiner Sehnsucht.

Wie ging das Leben mit diesem Manne um! Der Vater, umsichtiger In-
haber einer Glaserei und Schreinerei in Colmar, wollte den Sohn im Be-
reich wenn nicht des Handwerks, so wenigstens des Ku ttsthandwerks fest-
halten. Glasmalerei — das war die äußerste Grenze, zu welcher sich der
Vater verstand. Cammisar stand noch in der Ausbildung, als er mit 19 Jah-
ren den Vater verlor. Die Mutter war weggestorben, als er erst drei Jahre
alt war. So galt es, als Glasmaler die Mittel zum akademischen Studium,

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