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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 43.1928

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2. Heft
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Breucha, August: Der Barock in Oberschwaben
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https://doi.org/10.11588/diglit.15946#0061
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• Als Bauherren treten hauptsächlich die Orden auf; alle großen Werke
unseres Gebietes werden von ihnen erstellt. In ihren Ballten prägt sich der
Charakter der einzelnen Orden aus, die weltmännisch-geistige Art der Bene-
diktiner, die Volkstümlichkeit der Prämonstratenser (Obermarchtal, Schüssen
ried, Steinhaufen), und der Dominikaner (besonders Rottweil und Gmünd),
die Bedürfnislosigkeit der in den Städten arbeitenden Franziskaner (Ehingen,
Saulgan). Am großartigsten und fortschrittlichsten bauen die Benediktiner,
immer ziehen sie die ersten Meister ihrer Zeit herbei. Es ist bezeichnend für
die Eigenart der Prämonstratenser, daß sie Steinhaufen dem volkstümlichen
Dominikus Zimmermann übertragen. Die Städte machen die Bewegung nlit,
jedoch init viel Bedächtigkeit und Zurückhaltung. Sie beschränken sich fast
überall auf den Umban oder die Neuausstattung ihrer mittelalterlichen Kir-
chen. So haben Ehingen, Munderkingen, Riedlingen, Saulgau, Waldfee
und Biberach nur umgebaute bzw. in der Ausstattung barockisierte mittelalter-
liche Kirchen. Am fortschrittlichsten ist dabei Ebingen vorgegangen. Der Stadt
Pfarrkirche sieht man kaum mehr an, daß sie Umbau ist. Ravensburg bat in
seinen Hauptkirchen die Bewegung »richt mitgemacht. Den Adel treffen wir als
Bauherrn in Rechtenstein, Wolfegg 1733, Kißlegg 1734, Rißtifsen und Ober
dischingrn, womit schon gesagt ist, daß seine Rolle eine untergeordnete war.

Die Bauaufgabe wird verschieden gestellt. Wir können unterscheiden: die
Hofkirche, die Ordenskirche, die Volkskirche, und als Abzweigung von der
letzteren die Wallfahrtskirche. Die Michaelskirche in München vereinigte alle
diese Funktionen in sich: sie war Hofkirche des Herzogs, „seine Kirche" in
einen: ganz besonderen, im Mittelalter nicht gekannten Sinne, sie war auch
die Ordenskirche der von ihm ins Land gerufenen Jesuiten, die heute wieder
— auch ein Zeichen der Zeit — den großen Ban an der Etschstraße neben der
Kirche bewohnen. Sie war Volkskirche, in der sich alle Stände um ihre
Kanzel versammelten, und durch die große Zahl ihrer „Heiligtümer" sollte sie
zugleich Wallfahrtskirche sein. Den Typus der Ordenskirche entwickelten in
Schwaben die Prämonstratenser und die Benediktiner; als Beispiel einer
reinen Ordenskirche bezeichnet Hauttmann Obermarchtal. Bei den Benedik-
tinern entwickelt sich eine neuzeitliche, fortschreitende Bautradition. Weingar-
ten, Zwiefalten, Ottobeuren und NereSheim schaffen und repräsentieren den
Typ der neuzeitlichen Klosterkirche. Man braucht nur diese Namen zu nenne»,
um einzusehen, daß dieser Typ mehr auf künstlerischen als religiösen Momen-
ten beruht. Treffend sagt Hauttmann: „Ansehen, Magnifizenz und Majestät
sind die Anforderungen an ein Gottesbaus. Die mächtigen deutschen Stifte,
deren Blick weit über die Grenzen hinausreicht, gehen mit der Spitze der
internationalen Kunstbewegung und verlangen von ihren Kirchen, daß sie vor
Europa, vor den Kirchen von Ron: und Paris bestehen. Sie wenden sich an
den Kenner, an den Gebildeten, den Mann von Stand." Ein Beispiel dafür
ist unS Zwiefalten, das Raffineinent seiner Ausstattung ist nur vom Kenner
voll zu genießen. Um die Symbolik der Kanzel und der Altäre zu verstehen
und in seinem Buch über das Zwiefaltener Münster dazulegen, bat Pfarrer
Bernhard Schurr viele Jahre gebraucht. Beispiele von Wallfahrtskirchen in

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