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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 43.1928

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3. Heft
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Naegele, Anton: Das Rottenburger Diözesanmuseum einst und jetzt
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https://doi.org/10.11588/diglit.15946#0074
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dieses immer mehr in seinem Wert ünd seiner Notwendigkeit erkannten kirch-
lichen Instituts aufzeigen kann.

Ist das durch jahrelange Vorarbeit des kunstverständigen Lautlinger
Pfarrherrn und das verständnisvolle Entgegenkommen des neuen Bischofs
ermöglichte Werk eine Neuschöpfung oder nur eine Erneuerungsarbeit? Die
geschichtliche Wahrheit, durch Generationen von Diözesanpriestern wie durch
Dokumente bezeugt, verbietet es, von der Existenz eines „Diözesanmuseums"
unter den Vorgängern des jetzigen Bischofs zu reden, dessen Verdienst eS ist,
die alte bischöfliche Galerie aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt zu haben
oder wenigstens erwecken zu lasten. Es ist fast als eine Art tragischer Verkettung
von allerlei Umständen zu beklagen, daß gerade der Rottenburger Oberhirte,
der den Ruhm eines der feinsinnigsten Kunstkenner und Kunstfchilderer inner-
halb und außeralb der Heimatdiözese zeitlebens genoß, sich diesen Erweckungs-
dienst entgehen ließ. Bischof Joseph von Lipp (1847-1869) hatte laut
Testament vom 2. September 1864 die dem Rottweiler Stadtpfarrer Kirchen-
rat Or. Johann Georg Martin D u r s ch abgekaufte Sammlung altdeutscher
Tafelgemälde nnd Skulpturen dem Bistum vermacht. Der aus Schechingen
(OA. Aalen) gebürtige zweite Oberhirte der Diözese hatte als Schüler und
später als Lehrer der Lateinschule in der nahen Oberamtsstadt Gmünd Sinn
und Verständnis für die Kunst des Mittelalters gewonnen. Als Professor
und Rektor des Gymnasiums in Ehingen a. D. lebte er an der Seite eines
geistlichen AmtSgenosten, der schon im dritten Jahrzehnt deS 19. Jahrhun-
derts mit der Sammlung der seit der Säkularisation barbarisch verschleu-
derten mittelalterlichen Kunstwerke begonnen hatte und zweifellos auch ihm
die Anregung zum Erwerb dieser fast wie „herrenloses Gut auf der Straße"
liegenden Bildwerke gab, I. G. M. Dursch'). Bekannter ist das Schicksal der
zweiten Galerie dieses im Schwabenland einzigartigen Sammlers mittelalter-
licher Bildwerke, der gotischen Skulpturen der Lorenzkapelle in Rottweil, die
durch das hochherzige Eingreifen des Königs Wilhelm I. vor dem Verkauf
bewahrt wurde und in den Besitz der Stadt Rottweil im Jahre 1861 überging.

Die im gleichenVerlag und in gleicherAufmachung wie diePfefferschePubli-
kation von Getzeny 1927 herausgegebene Auswahl von Bildwerken der Lorenz-
kapelle in Rottweil hat auch dieses wenig bekannte Kleinod einer kleinstädti-
schen Kunstsammlung weiteren Kreisen bekanntgemacht"). Als der unermüd-
liche, opferwillige Sammler, Kirchenrat vr. Dursch, nach Übersiedlung von
Wurmlingen (OA. Tuttlingen) nach Rottweil, hauptsächlich wegen Raum-
mangels im neuen Pfarrhaus, Anfang der sechziger Jahre die beiden Bestände
an gotischen Gemälden und Schnitzwerken abgegeben hatte, die einen an den
Bischof von Rottenburg, die andern an die Stadt Rottweil, machte er sich
sofort wieder an die Anlegung einer zweiten Gemäldesammlung. Das Schick-
sal dieser dritten Durschschen Galerie konnte oder wollte kein König und kein
Bischof wenden. Nach seinem Tod (1881) wurde sie versteigert, und nicht
einmal ein Katalog dieser letzten Bildersammlung Durschö scheint überliefert

2) Vgl. über Leben und Schaffen Dursch« meine Ausführungen im „A. f. chr. K." >928, S. 43 ff.

*) Vgl. die ausführliche Besprechung der Mappe „Aus der Lorenzkapelle zu Rottweil" im letzten Heft
des Archive 1928, S. 38 ff.

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