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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 43.1928

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3. Heft
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Naegele, Anton: Das Rottenburger Diözesanmuseum einst und jetzt
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https://doi.org/10.11588/diglit.15946#0079
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Priesterseminars und auch des amtlich und außeramtlich nach Rottenburg
kommenden Klerus der Diözese in Geist und Geschichte der Kunst der Vorzeit.

„Nicht tote Schätze sollen in den durch bischöfliche Gnade angewiesenen,
gutgelegenen und günstig beleuchteten Räumen aufgeftapelt werden, und nicht
eine Totenkammer alter Kunst soll dieses Museum vorstellen. Wir erwarten
einen reichen Zinsertrag aus diesen von der Vorzeit ererbten Schätzen; wir
hoffen, daß von diesen Altertümern, über welche Jahrhunderte weggegangen
sind, ein frischer, belebender Hauch ausgehen werde, der den Kunstsinn unseres
Klerus aufs neue weckt, uns den Geist der alten Kunst näherbringt und unser
Kunstschaffen mit gesunden Ideen inspiriert")."

Als weiteren Zweck der Gründung des Diözesanmuseums proklamiert der
programmatische Artikel des Profestors Keppler: das neugeschaffene Museum
im Rottenburger Bischofspalais solle nicht nur ein Mittelpunkt kunsthifto-
rifcher und ästhetischer Anregung für die BiStumSgeistlichkeit werden, es solle
auch ein Sammelpunkt für die außer Gebrauch gesetzten Kunstgegenstände aus
den Kirchen des Bistums, für die in den Pfarrhäusern zahlreich vertretenen
Gemälde- und Skulpturensammlungen sein. Der Verfaffer rechnet auf bal-
dige reichliche Vermehrung des Grundstocks des neugegründeten Diözefan-
mufeums und erwartet in optimistischer Zuversicht von den Pfarrämtern die
Erfüllung seiner Bitte, die für kirchliche oder liturgische Zwecke nicht mehr
verwendbaren oder verwendeten Gegenstände dem Museum zu überlasten, so
alte, teilweise zerstörte Statuen von den Kirchenbühnen oder Rumpelkammern,
Paramente oder Paramentstücke, Kelche, Reliquien, Schmiedeisenkreuze, alte
Glocken, Schnitzaltäre und Tafelgemälde, „welche wegen Alters oder aus ande-
ren Gründen in den Ruhestand versetzt wurden". Um dem großen, lang genug
dauernden Unfug zu steuern, „daß solche Altertümer in Schmutz und Staub
zugrunde gehen oder zu Schleuderpreisen an wandernde Antiquare und
Juden abgegeben und in alle Welt verstreut werden", sollen sie womöglich
unentgeltlich an das Rottenburger Museum abgegeben werden, zu anständiger
Unterbringung, sorglicher Pflege, möglichst langer Erhaltung und besonders
auch zu Dienstleistungen für die kunsthistorische Forschung und für archäologi-
schen Unterricht. Doch verspricht der Tübinger Professor und KunstvereinS-
vorstand armen Kirchengemeinden ausnahmsweise Entschädigung für abge-
lieferte kirchliche Kunstaltertümer. Die oben genannte Stiftung bietet ihm
dazu die finanzielle Möglichkeit.

Besonders warme Herztöne weiß der federgewandte Verfasser des Pro-
gramms zu finden bei seinem Appell an die Pfarrherren, die er als Besitzer-
größerer oder kleinerer Sammlungen von Skulpturen und Gemälden kennt,
und hofft, keine Fehlbitte zu tun mit dem „recht herzlichen Ersuchen, in ihren
testamentarischen Verfügungen auch unser neugegründetes Diözesanmuseum
bedenken zu wollen ... Wie traurig ist oft das Schicksal solcher Sammlungen,
wenn deren Besitzer es versäumt haben, testamentarisch darüber zu verfügen!
Wie jämmerlich werden oft kostbare Stücke, sauer erworben und sorgsam
gehütet, nach dem Tod der Besitzer bei den Auktionen unter den Hammer

8) Keppler im „Archiv" 1894, S. 2.

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