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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 43.1928

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4. Heft
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Spektator: Von der Stuttgarter Ausstellung im Diözesanjubiläumsjahr: Religiöse Kunst der Gegenwart
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https://doi.org/10.11588/diglit.15946#0133
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Herkommer wußte manch tüchtige Mitarbeiter, wie A. Schenk, E. G l ü ck e r (Unter-
türkheim), Kuhn (Stuttgart), E b e r z (München) in seine Dienste zu nehmen, auch
Rettenmaier (Hüttlingen) für die zur Kriegergedächtniskapelle umgestaltete alte
Pfarrkirche von Hüttlingen.

Neben großstädtischen Monumentalbauten ragen in Vorstädten und Dörfern, auf
Höhen und in Tälern seit einem Jahrzehnt beachtenswerte kleinere Kirchenbautcn auf, die
sich in die Landschaft oder Umgebung trefflich einfügen, so H. S ch l ö s s e r S (Stuttgart)
baulich meisterhaft behandelte Bergkirche, der kleine Felscndom in Degerloch (vgl. auch
Leichenhalle in Ellwangen, Friedhofanlage in Binsdorf, Kirche in Altheim), Profcsior
Kl. Hümmels (Stuttgart) Fideliskirche in der Hauptstadt und Pfarrkirchenncubau in
Dietenheim; Dr. Alfred Schmidts (Stuttgart) Kirchen in Vaihingen und Gölls-
dorf; OttoLinders Gotteshäuser, umgebaute (Oberndorf a. N.) oder neue in Baien-
furt, eine stimmungS- und wirkungsvolle Anwendung der Parabel mit SchenkS Fresken;
in Freudenstadt, Lenzkirch, Kuchen, Kleinsüßen, Mühlacker u. a. Hugo Schlösser und Pro-
fessor F. W. L a u r (Friedrichshafen) bauen heuer die neue Canisiuskirche in der Zeppelin-
stadt, mit Ausnutzung aller Möglichkeiten des neuen Baumaterials. Philipp O l k u S (Fell-
bach) zeigt den Entwurf seines in der Außcnschau mehr als im Innern befriedigenden
Fellbacher Diasporakirchleins. Neben den Entwürfen von Götz und Aldingcr in Kirch-
hcim u. T., Schilling und Lütkemaier in Rottenburg, Schlösser und Weirether in Stuttgart
fesselt schließlich der einen ganzen Nebenraum füllende Wettbewerb um die St. Georgskirche
in Stuttgart, die in der Nähe des Pragfriedhofs ihren Platz erhalten soll. Unter den ein-
gelaufenen 16 Entwürfen hat das vom Stuttgarter Gesamtkirchengemeinderat und der
Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst in München eingesetzte Preisgericht, darunter
Geheimrat Professor Dr. Theodor Fischer (München), Regierungsbaumeister H. Schlösser
und F. Göser je mit einem zweiten Preis, Hans Herkommer und Schilling-Lütkcmaier mit
einem dritten Preis ausgezeichnet. Ehrfurchtsvolles Staunen vor der Kopf-, Geistes- und
Handarbeit all der Meister, auch der nichtausgezeichneten! Welch ein Ringen um die Ge-
staltung des liturgisch brauchbaren, künstlerisch bedeutsamen, kirchlich würdigen Raums, der
Durchbildung des Innern, der Errichtung der Schauseite, der Aufteilung der Flächen und
Baumaffen innen und außen!

Bei aller Bewunderung dieser Raumschöpfungen ließ sich indes eine Befürchtung nicht
unterdrücken. Wer an Auge und Geist all die vielen Entwürfe von auSgcführten und nicht
zur Ausführung gelangten Kirchenbauten im Haupt- und Nebensaal Revue passieren ließ,
sich dazu noch den Überblick über die neuesten Kirchenbauten in Österreich und Westdeutsch-
land in den trefflichen Sonderheften der Münchener Christlichen Kunst (8. bis IO. Heft
Mai bis Juli 1928) verschafft, sieht sich vor einer ähnlichen „Gefahrenzone", wie in der Zeit
der Stilimitation, der Errichtung von romanischen und gotischen Miniaturdcmen in klein-
sten Dörfern und Städten. Mir scheint nach solcher Bilderschau in Ausstellungen und
Architekturliteratur, es mehren sich unheimlich die Eben- und Abbilder jener ersten Bau-
gcdankcn schöpferischer Meister: landauf, landab die silo-, festungö- oder bahnhofturmartigen
Glockenhäuscr, die hohen, breiten Fassaden mit ein- oder mehrfachen Abtreppungen und
ähnliche Formen der neuen Monumentalität und sogenannten „Sachlichkeit" an Fenstern,
Vorhallen, Pfeilern. Und schon hört man den einen Baumeister über Entlehnungen oder
Kopien durch den andern klagen. Möge die christliche Baukunst, die nach längerer Erstarrung
erst in das erste Stadium ihrer zeitgemäßen Erneuerung cingetretcn ist, und die unteren
Stufen zu ihrem königlichen Thron unter den Schwesterkünsten zu ersteigen im Begriff ist,
auf solchem Hchenweg weder erstarren noch erliegen — per a8pera ad astra, über rauhe
Wege sternenwärtö!

4. Religiöse Graphik.

Auf unserem Rundgang durch die neun Säle füllenden Werke kirchlicher Großkunst
fast ermüdet, laden wir uns zu stiller Einkehr an der Ouelle der großen Meisterschöpfungcn.
Saal VIII birgt die ganze Kleinwelt von Zeichnungen, Radierungen, Holzschnitten, Skizzen,
Exlibris, Studienblättern für alle Gebiete künstlerischer Betätigung. Wer manchmal nicht

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