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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 44.1929

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Heft 1
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Naegele, Anton: Ein neues Verfahren zur Rettung gesprungener Glocken
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https://doi.org/10.11588/diglit.15947#0016

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Schweißung größerer gesprungener Glocken Bayerns erfolgte im Jahr 1924;
es war die 1496 gegossene Glocke der alten Klosterkirche in Auhausen bei
Ottingen. Neben dem täglichen Läuten hat ein schwerer Uhrhammer für
Viertelstundenschlag gerade an einer Schweißstelle die Dauerhaftigkeit und
Klangfülle der zehn Zentner schweren Glocke bis zum heutigen Tag erprobt.

Der Rumpf der merkwürdigen Glocke war ganz vom Mantel weggerissen,
die untere, größere Hälfte durchzog der ganzen Länge nach ein senkrechter Riß.
Unsere Abbildungen zeigen die Gilchinger Glocke in ihrem Zustand vor und
nach der Schweißung durch Lachenmeyer.

Der Erzdiözese F r e i b u r g gehören drei Glocken an, die in letzter Zeit auf
Empfehlung des Ordinariats die Nördlinger Firma geschweißt hat: ein
Glöckchen im alten, jüngst wieder aufgelebten Benediktinerkloster Stift N e u-
burg bei Heidelberg, eine Glocke in der Zisterzienserklosterkirche Birnau
am Bodensee und die Aveglocke auf dem Turm von St. Martin in E n d i n -
gen, eine kunsthistorisch wertvolle Arbeit aus dem 14. Jahrhundert.

III.

WaS ist das Geheimnis dieses zweifelsohne genügend erprobten Verfah-
rens? Ich wollte es auf Grund neulichen Bekanntwerdens mit dem Meister
und einmaligen Augenscheins am fertigen Denkmal wie in der Gießhütte
nicht wagen, das mit Recht gehütete Geschäftsgeheimnis weitesten Kreisen
preiszugeben, würde nicht ein berufenerer und vertrauterer Landsmann des
Nördlinger Firmeninhabers, sicher mit Erlaubnis desselben, öffentlich den
Schleier gelüftet haben. Der Eichftätter Domkapellmeister Dr. W. Wid-
mann hat vor breitester Öffentlichkeit, beim vorjährigen großen Musikkongreß
und der Ausstellung ,,Musik im Leben der Völker", dabei ,,Woche für Kir-
chenmusik", in Frankfurt einen Vortrag über daö neue „Schweißverfahren
bei gesprungenen Glocken" gehalten"). Er zählt dort die wenigen, höchstens
mit Augenblickserfolgen gesegneten früheren Versuche, gesprungene Glocken
wiederherzustellen, auf: Herausstemmen des Lochs um den Riß, Verlötung
mit Weichmetall gegen Unterbrechung der Klangwellen, Verklammerung des
Sprungs mit Fibeln, dessen Ausarbeiten und Wiederverschließen mit Weich-
metall. Aber bei der meist nur kurzen Haltbarkeit der reparierten Glocke
oder dem sicheren Verlust der früheren Tonfülle war ein Umguß früher oder-
später doch notwendig. Als einziges bis jetzt erprobtes Mittel der Wiederher-
stellung gesprungener Glocken bezeichnet der Fachmann das Lachenmeyersche
Schweißverfahren, das die Nördlinger Firma erst seit einigen Jahren für die
Öffentlichkeit an Glocken handhabt. Nach vr. WidmannS Mitteilungen ist
das Verfahren folgendes: „Die zersprungene Glocke wird auf 300 Grad
erwärmt, so daß sie teigweich wird, der Riß wird erweitert, damit bequem ge-
arbeitet werden kann, dann wird eine Form als Unterlage unter die geöffnete
Stelle gebracht. In die Öffnung wird nun mit einem Schweißkolben unter
einer Hitze von 3300 Grad, die durch eine Stichflamme aus Azetylengas und
Sauerstoff erzeugt wird, das vollständig gleiche Material wie das aus der

10) Abdruck in Monatshefte für kath. Kirchenmusik, 9, 1927, Heft lv, S. 313 ff.

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