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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 44.1929

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Naegele, Anton: Kirchenpräsident Dr. J. v. Merz zum Gedächtnis
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https://doi.org/10.11588/diglit.15947#0054

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In den reichen Kranz wohlverdienter Ehrungen, die Württembergs erstem
Kirchenpräsidenten an der Totenbahre und am Grab des unerwartet rasch im
Alter von 72 Jahren am 4. Mai 1929 Hingeschiedenen zuteil wurden, glaubt
der Schriftleiter des Diözesanarchivs für christliche Kunst ein besonderes, wenn
auch bescheidenes Blatt pietätvollen Gedenkens einflechten zu dürfen. Es gilt
nicht dem bewährten Prediger und Seelsorger einer großen evangelischen Ge-
meinde des Landes; nicht dem im kirchlichen Verwaltungsdienst (seit 1894)
ergrauten Konsistorialrat, den das Vertrauen des letzten Königs von Württem-
berg an eine der einflußreichsten Stellen im evangelischen Konsistorium (mit Rang
und Titel eines Prälaten 1913) und dann die neuorganisierte Kirche der Refor-
mation nach der Revolution 1924 an die Stelle des bisherigen Lniwnus Episco-
pus der württembergischen Landeskirche berufen hat; auch nicht dem hoch-
geschätzten Mitberater an den letzten Unionsverhandlungen des internationalen
Protestantismus in Stockholm. Diese Zeile des Gedächtnisses sei dem verdienst-
vollen, langjährigen Herausgeber des „Christlichen Kunstblattes" geweiht, jener
Monatsschrift für Kunstpflege auf evangelischer Seite, die nach Umfang, Aus-
stattung, Tendenz, nach Vorzügen und Mängeln und — last not least — auch
Schicksalen unserem Diözesankunstvereinsorgan entspricht. Ich kenne ziemlich
genau gerade die älteren Jahrgänge der unter Dr. Merz' Redaktion in wechseln-
den Stuttgarter Verlagen erschienenen christlichen Kunstzeitschrift, die später
unter Leitung von Stadtpfarrer Dr. theol. h. c. David Koch Volkskunst im
weitesten Sinn „für Kirche, Schule und Haus", auch Literatur unter ihre
schützenden Fittiche nahm. Da ist manchmal nicht nur zwischen, oft genug auch
in den Zeilen selber von dem Banne zu lesen, der erst durch unermüdliche
literarische, schriftliche und mündliche Tätigkeit eines Merz, Paulus, Gradmann,
Koch u. a. in gewissen Volks- und Pfarrerkreisen für Kunstinteressen, für besseres
Verständnis der Schöpfungen der Vergangenheit sowohl wie der Gegenwart
gebrochen werden mußte.

In der Leitung des 1858 gegründeten Organs folgte der 1857 in Hall
geborene Theologe im Jahre 1894 seinem ebenfalls in der Pflege christlicher
Kunst bewährten Vater, dem späteren Superintendenten von Reutlingen. Die
fast rein ästhetische Schulung in dem einem Tübinger Philosophieprofessor an-
und aufgehängtem Kunstunterricht erweiterte der Stiftsrepetent auf verschie-
denen Wegen, besonders aber ein Jahr vor seiner Helferanstellung in Ludwigs-
burg (1887), durch einjährigen Aufenthalt in Rom als Mitglied-Stipendiat des
Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts, eine Gunst, die wohl noch keinem
katholischen Theologen unseres Landes widerfahren ist. Als Frucht seiner Dis-
sertationsarbeit erschien 1885 eine kleine Schrift über die Bildwerke an der
Erztüre des Augsburger Doms teils im Anschluß, teils im Widerspruch gegen
die Vorarbeit des bekannten Bibelübersetzers, Domherrn Allioli, 1892 das ästhe-
tische Formgesetz der Plastik, 1903 die Marienkirche in Reutlingen. Den 1921
geschilderten Entwicklungsgang der kirchlichen Kunst in Württemberg behandelte
Prälat Dr. Merz noch als Kirchenpräsident 1924 in Schenkels Protestantismus
der Gegenwart und verteidigte den nicht in allweg günstigen Einfluß der
Reformation auf die Entwicklung religiöser Kunst. Besonders Verdienst erwarben

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