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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 44.1929

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Heft 3
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Naegele, Anton: Die fürstlich-hohenzollernsche Kunstsammlung in Sigmaringen einst und jetzt, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15947#0086

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Wechslers" — unter den etwa 14 das bekannteste von Quentin Massys — soll
das Sigmaringische Holztafelbild des Geldwechslers und seiner Frau von Marinus
von Roymerswaele das beste sein.") Die Frau mit leuchtendem Inkarnat,
die zarten Finger auf einem Buch, sieht gespannten Blickes dem geldzählenden
Mann zu, während ein Diener von hinten einen Brief an den Wechslertisch bringt.

Ein Sippenbild anderer Art ist das dem „Meister des Todes Mariä" zu-
geschriebene Gemälde: Joachim und Anna in einer deutschen Landschaft, vor
ihnen Maria mit dem Jesuskind vor einem Tisch mit Kirschenkörbchen und Rot--
weinglas, ganz die Atmosphäre des niederländischen Stillebens. Eine größere
Anbetung der hl. drei Könige und eine kleinere Kreuzabnahme tragen weniger
bestimmbaren Schulcharakter. Ein ergreifendes Bild von hervorragender Qua-
lität, Beweinung Christi, wurde bislang dem Bartel Bruyn zugeschrieben,
neuerdings will es Friedländer dem Jan JoestvonCalcar zuweisen, wie die
Vermählung Mariä dem Antwerpener Meister von 1508.")

Die Szene aus der St. Anno-Legende mit den großen Leibern möchte
Rieffel einem Antwerpener Manieristen zuschreiben.

Unter den nicht wenigen Porträts ragt das kleine Bildnis eines Herzogs
von Burgund hervor: ein schwarzgekleideter junger Mann, den Daumen der
linken Hand in ein Buch steckend, langes schwarzes Haupthaar fällt bis tief in
die Stirne herein, Streifen weißen Brust- und Schulterlatzes heben sich vom
roten Hintergrund und dunklen Gewand grell ab (Inschrift: „en l’äge de 26
ans"). Früher ward es der Schule der van Eyck zugesprochen, einmal auch dem
Petrus Christus (fälschlich statt der handschriftlichen Selbstbezeichnung: Petrus
Christophori), dann als burgundisch erklärt; Rieffel wagt zwischen französischer
oder belgischer Schulzugehörigkeit sich nicht zu entscheiden.") Reben Grand-
seigneurs sind auch Bürger und, besondere Rarität dieser Frühzeit, Kinder
porträtiert. Eine St. Anna selbdritt stammt von Skorel von Utrecht,
einer Schule, der auch Anton Mors mit seinem trefflichen, 1558 datierten
Porträt eines jungen Mannes angehört. Wieviel an edler Einfalt und stiller
Größe, an altdeutscher Frömmigkeit schaut aus den zahlreichen Andachts-
bildern der Kölner und anderer niederrheinischen Schulen? Kölnisch ist die
Anbetung der drei Weisen, davon jeder ein Juwel der Goldschmiedekunst dem
Jesuskind auf Mariä Schoß darbringt (St. Joseph nicht dabei!)?") Tiefes
Mitgefühl spricht ans dem Kalvarienberg vom Anfang des 15. Jahrhunderts.
Einen gewaltigen Baldachin in gotischer Architektur baute der niederrheinische
Maler für die Krönung des „Sippenmeisters". Fast italienische Pracht kleidet
Maria mit dem völlig nackten Jesuskind auf dem Schoß und ihre fürstprinzeßlichen
Nachbarinnen zur Seite, die hl. Katharina und Ursula. Typisch für den Meister
ist das holdselige Frauenideal des Kopfes der Muttergottes, über dem Engel mit
der Krone schweben, es stimmt völlig mit dem ehemaligen Mainzer Dreikönigsbild
von der Hand desselben Meisters überein.

Eine der letzten Erwerbungen des fürstlichen Museums sei wegen des für
Gmünd") in Anspruch genommenen Meisters etwas ausführlicher besprochen. Es

") Abb. 51.

") Jahrbuch d. Preuß. Kunstsammlungen 1915 S. 82; Rieffel a. a. O. S. 58, 59.

15) S. 59. Abb. Tfl. XVI b.

10) Abb. 53 bei Rieffel a. a. O.

17) s. A. Nägele, H. Baldung Griens schwäbische, nicht elsässische Herkunft (5. A. a. Chrl.
Kunst 1922.

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