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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 44.1929

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Heft 3
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Spectator, A.: Die neue Kirche in Baienfurt in Weingarten
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https://doi.org/10.11588/diglit.15947#0104

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beobachtet und festgehalten durch Anbringung eines bemalten Sterns über der
Westempore. Diesen Punkt treffen abends 6 Uhr die Strahlen der untergehenden
Sonne und beleuchten Hochaltar und Tabernakel wundervoll. Eine künstliche
Lichtquelle, der auf der Orgelempore eingebaute Scheinwerfer, kann für Früh-
und Abendgottesdienste, für besondere Festtage wie Weihnachten, Passion und
Ostern, magische Beleuchtung schaffen, für deren Reize die heutige Gesellschaft
ja reichlich empfänglich ist. Die künstliche Belichtung des Hochaltars und seines
großen Freskenbilds wird durch seitliche, dem Beschauer nicht sichtbare Fenster
erreicht.

Der indirekten, feierlich wirkenden Belichtung des Chores entspricht die
direkte, durch hohe, hellgemalte G l a s f e n st e r des Schiffs, von denen zwei
eine größere Darstellung nach Schenks Entwurf bieten, ausgeführt durch
Sternbacher in Unterkochen und S a i l e in Stuttgart, links Taufe Christi,
über dem Taufstein, rechts der reiche Fischfang. Kleine Fenster mit tiefer, satter
Bemalung erzeugen geheimnisvolle Stille und Andachtsstimmung, besonders
in der Vorhalle, der Kriegergedächtniskapelle, der Beicht-- und Theresienkapelle.
Dazu kommt endlich das elektrische Licht, das mit seinen eigens entworfenen
Beleuchtungskörpern (Laternen und Spiegellampen) den Eindruck der übrigen
natürlichen und künstlichen Lichtquellen an den enzianblauen Kirchenwänden
und in den durchblickreichen Parabelwölbungen zu erhöhen vermag.

Die übrigen Ausstattungsgegenstände des neuen Kirchenbaus in Baienfurt
sind den finanziellen Verhältnissen der schweren Nachkriegszeit entsprechend von
ziemlicher Einfachheit, die aber der Würde nicht entbehrt. Die mächtige Sprache
des Baus selber, dessen räumliche und farbige Akkorde bedürfen solch eitlen
Glanzes nicht. Nur der Hochaltar sprengt etwas diesen engen, durch Raum
und Zeit gezogenen Rahmen. Eines amerikanischen Stifters reiche Gabe
ermöglichte die Errichtung des mehr Renaissancecharakter tragenden Hochaltars
mit seinem reichen Strahlenkranz aus der Werkstätte von Professor Schnell
in Ravensburg. Ebenso hoch als selten in Deutschland ist der Ursprung des
linken Seitenaltars mit der Figur der hl. Mutter Anna und Maria, zu dem
S. Heiligkeit Papst Pius XI. die Mittel gestiftet hat. Der rechte Seiten-
altar hat als Aufsatz die Statue des hl. Joseph mit dem Iesusknaben. Die
Figuren in Ueberlebensgröße aus Lindenholz stammen aus dem Atelier von
Bildhauer Eberhard in Weingarten. Die Pieta für den Kriegergedächtnis-
altar schuf Geiselhart in Ellwangen, das Fenster darüber stellt oben die
Reliquie des hl. Blutes in der Benediktinerkirche zu Weingarten, darunter
Christus am Kreuz und den sterbenden Krieger dar. Der Unterbau der Altäre,
die einfache Kanzel und der Taufstein sind in Stucktravertin ausgeführt durch
Mayer-Rosa in Neuhausen, der Altaraufbau in vergoldetem Holz.
Rühmenswert ist neben der schon angeführten freiwilligen Fronarbeit der
Pfarrgenossen für den Rohbau, daß auch die meisten Inneneinrichtungen des
Neubaus von einheimischen oder in der Nachbarschaft ansäßigen Firmen stammen.
Das einfache, geschmackvolle, hauptsächlich aber bequeme Kirchengestühl (1000
Sitzplätze) lieferte M a y e r-Schwendi, die Kommunionbank Schlachter-
Ravensburg und den Estrichboden B r u d e r-Tettnang. Die Schlosserarbeiten
fertigte M. W u ch e r e r, die Schreinerarbeiten I. K n e i ß l e u n d A. Wohl-
schieß, die Steinhauerarbeiten H. M e r k, die Kunststeinlieferung I. M e tz l e r,
sämtliche in Baienfurt, die Gipserarbeit König & Reubran d-Wangen.

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