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Archiv für christliche Kunst: Organ des Rottenburger Diözesan-Kunstvereins — 44.1929

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Heft 4
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Naegele, Anton: Die fürstlich-hohenzollernsche Kunstsammlung in Sigmaringen einst und jetzt, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.15947#0128

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weise zugeschriebenen zwei Hochaltarbilder: „Mariä Tempelgang und Tod" in
der Sigmaringer Sammlung diesem abgesprochen werdend) Mit Ivo Strigels
und Schäuffeleins Stil weisen die beiden mehrfache Berührungspunkte auf.

Nach Zahl und Güte nicht weniger gut vertreten war in der Sigmaringer
Sammlung die schwäbische F r e i p l a st i k. Eine der schönsten Figuren
schwäbischer Herkunft ist die große Madonna, wohl sicher ein Werk des
Meisters des Blaubeurer Altars, der heute ziemlich allgemein Gregor Erhärt
zugeschrieben wird. Die Statue aus Lindenholz, 1,58 m hoch, stellt Maria
gekrönt dar, auf dem Halbmond stehend, das segnende Christkind auf den Armen
in alter Fassung. Die Befangenheit von Mutter und Kind, die schematische Haar-
behandlung will RieffellH als Grund nur entfernter Verwandtschaft mit dem
Meisterwerk der Blaubeurer Klosterkirche gelten lassen. Näher verwandt mit ihm
ist die Madonna auf dem Altar zu Feldhausen bei Harthausen auf der Hohen-
zollernalb. Erstere Figur hat G. Otto in ihrem großen Werk über Ulmer Plastik
der Spätgotik nicht zum Oeuvre G. Erharts gerechnet.

Demselben Kunstkreis gehören die vier Gruppen von je fünf bis sechs Gestalten
aus der Passion an: Geißelung, Kreuztragung, Grablegung und Auferstehung,
erstere ist datiert 1491. Sie wirken fast reliefartig, wie Gestalten aus den
Passionsspielen derb und drastisch. Da die Figuren aus Kloster Petershausen
bei Konstanz stammen, wo der jüngere Syrlin gearbeitet hat, und manche
Verwandtschaft mit Christoph Langeisen, seinem Mitarbeiter 1500—1516,
besteht, so denken manche an Syrlins Werkstatt oder an den Meister der
Tomerdinger Sippenfiguren oder wie G. Otto64) an den Ravensburger Schramm.
Nach ihrem streng symmetrischen Aufbau in manchen Einzelheiten dürften die
Petershauser Passionsreliefs eher der Schule des Gregor Erhärt, des Meisters
des Blaubeurer Altars zugehören.°H

Eine hl. Anna selbdritt, Lindenholzfigur, altbemalt (0,54 X 0,30), nach
dem alten Inventar „schwäbisch um 1515", als ehrwürdige Matrone sitzend, hält
die beiden Gnadenkinder auf dem Schoß. Maria ist hier ausnahmsweis etwas
größer und älter als auf den meisten spätgotischen Figuren dargestellt; zwei
Engel zu ihren Füßen halten je einen Wappenschild. Die Wandgruppe stellt
Rieffel in nächste Beziehung zu den Passionsfiguren des Harthauser Altars,
dem verstümmelten Rest des wahrscheinlich aus dem Augustinerinnenkloster
Jnzigkofen stammenden größeren Altarwerks. Die viereckigen Köpfe, mit den
blinzelnden Augen und zu tief sitzenden Backenknochen sollen nach RieffellH die
Hauptmerkzeichen des Zusammenhanges sein und beide auf Christoph von Urach
zurückgehen, den Meister des Taufsteins in der Stadtkirche zu Urach (signiert
1518), der Marter des hl. Veit in der Stadtkirche zu Ehingen a. D. (bezeichnet
und datiert 1519) und nach stilistischer Vergleichung durch Schütte, des Zyriakus-
Altars in der Stadtkirche zu Besigheim. Auf eine nächstverwandte Darstellung
des gleichen Gegenstandes St. Anna selbdritt in Hermentingen, OA. Gammer-
tingen, die in Zingeler--Laurs Kunstdenkmäler Hohenzollerns leider nicht erwähnt * 06

62) Abb. 63 und 64.

83) Rieffel S. 72.

64) Die Hinter Plastik 1927 S. 100 ff.

65) Sprinz Bildwerke S. 14, Tfl. XVIII-XXI, bestreitet Rieffels (Städelfahrbuch 1924
S. 72) Vergleich mit der Tomerdinger Sippe.

06) S. 72, Tfl. XXIX b.

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