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Archiv für die Geschichte der Stadt Heidelberg: eine Vierteljahresschr — 1.1868

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XXIV. Heidelberger städtische Verhältnisse und Zustände im 18. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.35626#0161

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zeigte sich dabei, daß nur der Regierungsrath Max von Degenfeld für
Beibehaltung der Observanz stimmte.
Wie im Stadtrathscollegium, so wurde zn derselben Zeit auch
beim Bürgermeisteramt die Religionsgleichheit hergestellt. Von
den ältesten Zeiten her hatte sich die Observanz gebildet, daß jährlich
auf den Vorschlag des Stadtraths ein Rathsmitglied in die Stelle
des jtingern oder zweiten Bürgermeisters von der Regierung einge-
setzt wurde, während der gewesene Jüngere von selbst in die Stelle
des jedes Jahr in den Rath zurücktretenden älteren oder ersten Bür-
germeisters vorrückte. Von nun aber sollte Einer der Bürgermeister
der katholischen Religion angehören.
Hiermit mar jedoch die Sache nicht abgethan. Es folgte der
blutige orleans'sche Krieg 1688, den der Friede von Rys-
wick 1697 beendigte. Churfürst Johann Wilhelm erließ am 29.
Oktober 1698 ein Edikt, welches alle reformirten Kirchen zum Simul-
tangottesdienst der drei christlichen Confessionen bestimmte. Dies schien
allerdings tolerant zu sein; aber es war nicht so, weil nur die Pro-
testanten den Besitz ihrer Kirchen theilen mußten, die Katholiken da-
gegen die ihrigen ungetheilt behielten. Unter den: ganz gleichen Schein
der Toleranz griff der von Jesuiten geleitete Churfürst auch in die
bürgerlichen Verhältnisse ein. Die Religionsgleichheit hielt man von
jetzt an nicht mehr dadurch hergestellt, daß zu einer vacant gewordenen
Ratsstelle je ein Bürger von den drei Confessionen vorgeschlagen
wurde.
Am 4. Juni 1698 hatte Johann Wilhelm an einen seiner Ge-
sandten geschrieben: „das Nächste wäre wohl, daß man katholischer
Seits die Evangelischen (Reformirte und Lutheraner) aneinander hetzete,
so Ihr dann mit behörlich eireumZ^setlon und ganz unvermerkt zu
thun habt." Die Reformirten und Lutheraner, welche man so in:
Interesse des Katholizismus auseinander hielt und als feindliche
Parteien gegenüberstellte, wußte man gleichwohl als zusammengehörig
und nur Eine Religion bildend wieder zusammenzuzählen, wo es den
Katholiken zu gut kam. Es ist äußerst interessant und gewährt einen
liefen Blick in die damaligen Verhältnisse, wenn man die jesuitische
Politik kennen lernt, wie sie aus der Instandsetzung der „Religions-
gleichheit" im Stadtrath zu Heidelberg geschichtlich hervorgeht.
 
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