Hermbstaedt, Sigismund F. [Hrsg.]: Allgemeine theologische Bibliothek: Bibliothek der neuesten physisch-chemischen, metallurgischen, technologischen und pharmaceutischen Literatur (Berlin, 12.1779)

§6 D. Semlers Versuch
wie er zu mancher Zeit in der Historie der Juden
vorkommt, sich auf keine Weise geradehin auf
Christum anwenden lasse. Unter dem Nahmen
Nabi, Prophet, Seher, Schauer des Königes
ward nemlich ein äusserliches Amt in dem dama-
ligen Staate ausgedruckt, wonach also der Pro-
phet ein geheimdcrRath und vornehmer Staats-
bedienter war. — Christus hatwaber kein sol-
ches Reich und keinen Staat. Mithin schickte
es sich auch nicht, ihn bey einem Könige unter
dem Namen Prophet zum Staatsbedienten zu
machen. — Daraus folgerte man ferner, daß
der Begriff, Prophet, zu dem eines Priesters
gezogen werden müsse, Christus also nur zwey
Aemter habe. — Das sey für die Namensüch-
tigen Theologen eine Lehre, nicht sogleich aus
einem einzelnen Namen ein ganzes weitlauftigeS
Geschäfte zu deducirem
Herrlich sind die Gedanken des Hrn. Verft
S. 444: Es ist eine gutgemeinte Uebereilung,
wenn jetzt manche unsrer Zeitgenossen gleichsam
darüber klagen, daß viele Christen vornemlich
und zunächst Christo das Amt eines Lehrers
beylegten und ihn zu einem Lehrer der (christ-
lichen, geistlichen) Tugend machten. — Wie
haben freylich vornemlich diesen Lehrer und den
Zusammenhang seiner Lehren erst kennen zu fer-
men;