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Allgeyer, Leo
Die Münsterkirche zu St. Nikolaus in Überlingen: ein Beitrag zur Baugeschichte und ästhetischen Würdigung des mittelalterlichen Denkmals — Wiesbaden, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.8493#0016
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entbehren kann, dass der Druck der Gewölbe auf einen
Punkt nach unten zu lenken sei und dass durch Wider-
lager diesem Punkt ein ausreichender Halt gegeben werden
müsse, während die Strebepfeiler, bestimmt, die ganze
Masse zusammenzuhalten — die nothwendige Folge
waren. So wurde die Gothik mit ihrem spitzbogigen
Rippengewölbe-System und ihren unzählbaren, zu allen
Höhen aufstrebenden Gliederungen gleichsam zum sinn-
bildlichen, plastischen Ausdrucke, zum baulichen Wahr-
zeichen des Christenthums, mit seinem nach dem Unend-
lichen, Ueberirdischen gerichteten Wesen und Streben.
Und wie das religiöse Bedürfniss dieser Zeit keine Gren-
zen kannte in seinem Eifer dem Ewigen zu dienen, so
kannte es auch keine Schranken, wo es galt, demselben
zum richtigen Ausdrucke zu verhelfen, so dass wir uns
nicht zu verwundern brauchen, wenn die grösste Zahl
der erhabensten Werke dieser Periode christlicher Bau-
kunst, als Zeugen jenes entschwundenen, weder Raum,
Zeit noch Mittel erwägenden Geistes, unvollendet in
unsere Zeit hereinragen.

An schlanken Bündelpfeilern hinaufgleitend, welche,
kaum merkbar in zartgekrümmten Rippen übergehend,
sich gegenseitig durchkreuzen und wechselweise unter-
stützen, in für das Auge oft unmessbaren Fernen zum
Abschlüsse-sich vereinen, spiegelt sich das Wesen des
christlichen Geistes.

Bewundern wir die Entfaltung des gothischen Styles
im Innern unserer Dome, so sind es bei den reicher
geplanten Werken, die Thurmanlagen, in ihrem
himmelstrebenden Aufbaue, mit ihren kühn durchbroche-
nen Pyramiden, welche die Machtfülle und die Erhaben-
heit des menschlichen Geistes im höchsten Glänze
dokumentiren.

Der G r u n d r i s s des gothischen Styles hielt fest an
demjenigen der romanischen Bauweise; zum Langhause
 
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