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Allgeyer, Leo
Die Münsterkirche zu St. Nikolaus in Überlingen: ein Beitrag zur Baugeschichte und ästhetischen Würdigung des mittelalterlichen Denkmals — Wiesbaden, 1879

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https://doi.org/10.11588/diglit.8493#0080
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— 66 —

und zwar noch der guten Zeit derselben beizuzälen ist,
weist es auf ein höheres Alter hin, um so mehr, als im
Jahre 1408 der Münsterchor bereits die kirchliche Weihe
erhalten haben soll und schwerlich lange ohne einen der-
artigen Schmuk belassen wurde80).

Die Kanzel.

Aus dem Ambo, d. h. dem altchristlichen, manch-
mal mit Pracht ausgestattet gewesenen Rednerpulte ent-
wickelte sich später die Kanzel. Gewöhnlich in der
bekannten Form an eine Säule oder an einen Pfeiler
des Kirchenschiffes angelehnt, wurde dieselbe sowohl
während der Herrschaft des romanischen Baustyles, noch
mehr aber in der Zeit der Gothik, — eines jener kirch-
lichen Objekte, welche man zum Theil mit verschwen-
derischer Pracht auszustatten pflegte.

Die Kanzel des Ueberlinger Münsters81)
bildet das zweite gothische Werk seiner innern Ausstat-
tung, doch nicht in den reinen Formen mehr gehalten,
welche uns das Chorgestühl zeigt; sie ist ein Erzeugniss
der Uebergangszeit der Gothik zur Pienaissance und
an sich magerer, dürftiger als das Gestühl im Chore.
Die Anklänge an den Renaissancestil zeigen sich be-
sonders in den am Kapital des Fusses angebrachten

6n) Niich Ullcrsbergcr entbehrte unser Gestühl ursprünglich der vordem
untern Sitze ; dieselben sollen bei Anlass der Uebersiedlung des Domciipitels nach
Ucberlingen im Jahre lö2u aus Nothwemligkeitsgründen angebracht, dadurch aber
das Werk stark verletzt worden sein, indem nicht sowohl Figuren und Ornamente
weggemeiselt, sondern auch die ganzen nntern reich gehaltenen Vorderseiten dem
Auge verdeckt wurden. Diese bedauerliche Veränderung, die unser Gestühl zu erleiden
hatte, mag Veranlassung gegeben haben, dass dem Domkapitel in dieser Beziehung
mehr des Guten zugedacht wurde, als es in der That verdient hatte. Der fernem
Ansicht Ullersberger'a, dass das Werk die Arbeit des muthmaaslichen Schöpfers
unseres Rathsaal-Schnitzwerkes sein könnte — des Ravensburger Meisters Friedrich
Schramm, — möchte ich mich nicht ganz verschliessen.

81) Aus dein Gestein der Ueberlinger Molassc gefertiget.
 
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