Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Münsterbau-Verein <Konstanz> [Hrsg.]
Das Alte Konstanz: Stadt u. Diöcese in Schrift u. Stift dargest. — 1.1881

DOI Heft:
Heft 2
DOI Artikel:
Die Sage vom Einhorn
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.8574#0033
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
I>ie Sage vom Einhorn.^)

Das Mittolaltor liebte es, die Ge-
beinnüsse der christlichen Religion svin
bolisch darzustellen. Zu solchen Äildern
benntzte man auch gerne Tagen aus dein
Tbierreich, Z. B. daß der gelikan seine
Inngen mit dem eigenen Blnte stills,
nin die ^iebe (Lßristi zu versinnbilden,
der in der bl. Lonnnnnion den dNenschen
sein Lleisch nnd Blnt darreicht. Aebn-
lich wnrde anch die Tage voin Liichorn
verwendet.

Nis!v>age weiß näinlich von einem
wnnderbaren Tbiere, äbnlich einem
Hirsch, das mitten auf der tv-tirne ein
langes gerade hinansstehendes Lsorn
habe. Dieses Thier, „Tinhorn" genannt,
könne von keinem Iäger je erjagt werden;
nur von einer Iungfran lasfe es fich
fangen. Ts ist nnbekannt*) **), woher diese
!5>age sich gebildet; sicher ab ist sie sehr
alt. Denn der hl. Basilins (f 378)
erzählt die !v>age fchon. Oaß sie auch
in unferer Gegend bekannt war, bezeugt
der bernhmte Ach'stiker ans dem Tsn-
stanzer Tominikaner - Rloster, b)einrich
Seuse, indem er von der Iagd des
Linhornes schrieb: „Die gnngfran setzte
sich an einem nieder, wo das

Tinhorn feine Bahrung zn fnchen pflegt,
und fobald das Thier ihrer ansichtig worden, gehe es anf sie zu, lege seinen Ropf
in ihren Schootz nnd falle alsbald in tiefen Tchlaf. Ietzt gibt die Iungfran ein Zeichen
und die Iäger eilen herbei nnd bemächtigen sich leicht ihres Hanges."

Oiese !5age wnrde nnn angewendet, nm durch sie das Geheimnijz der Alensch-
werdnng des Gottesfohnes aus der Inngfran darznstellen.

!v>olche Oarstellnngen finden sich noch in Brannfchweig, im Oome zn Trfnrt,
nnter den Glasgemälden von Bonrges, in der Rapelle des Tchlosses 2lufenstein bei
Alattrei in Tirol. Anch in unserem Lande sind nns zwei folcher Oarstellnngen geblieben. ***)
Oie eine ist am alten Universitätsgebände in Hreibnrg; die andere anf dem Thorgestnhle
im AAinster zu Tonstanz. Oieses Thorgestühl stammt aus der spätgothifchen Aeit, etwa
aus den Iahren 1480—j500.

*) Letzte Arbeit des um die Restauration des tNiinsters so hochverdieuten Looperators L. !N a r b e
f 2. Iannar Z88N

**) vergl. Menzel Symbolik Bd. I Artikel „Lirchorn".

***) Sicherlich sinden sich da und dort noch welche vor; auch die kseraldik kennt das Eiichorn. Anm. d. Red.

28
 
Annotationen