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Münsterbau-Verein <Konstanz> [Hrsg.]
Das Alte Konstanz: Stadt u. Diöcese in Schrift u. Stift dargest. — 2.1882

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Heft 2 und 3
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Wandgemälde in Konstanz aus dem 14. Jahrhundert, [1]
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Gutachten betreffend die Wiederherstellung des Münsters zu Konstanz
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https://doi.org/10.11588/diglit.8575#0049
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stainiiwn unsere ^resken. §s dars uns dabei der Umstand nieht irre sühren, als ob, weil
nnr Hrauenspersonen zur künstlerischen Oarstellung der Leinwandbereitung und j^slege der
Gürtelweberei genoininen sind, dieses Gewerbe nur von solchen wäre ausgeübt worden.
Oieselben wurden zur Ausübung verwendet, aber in erster Reihe waren es die 2Neister
mit ibren (Veb-)Anechten.

Das letzte Bild (das Aste) erinnert daran, daß die Meister gehalten waren, ibren
Arbeitern und Arbeiterinnen am letzten Vochsntag den Badelohn zu zahlen (sog.^-eelbad).*)

(Schluß folgt).

Gntachten

betressend die Wiederherstellung des Akünsters zu Aonstanz.

In den Tagen des 2-1. und 25. Mai dieses Iahres habe ich, entsxrechend der von Seiner Lsochwürden dem Münster-
pfarrer kserrn Brugier an mich ergangenen Linladung diesen Bau einer eingehenden Besichtignng uutcrzogen. um fiir die
Abgabe eines Gutachtens über die Restauration und Ausstattung der (Znnenräume des lllünst'ers die nöthigen Aichaltsxunkte
zu gewinnen. lllit Riicksicht auf die grüudlichen Forschungcn, wclche übcr das lNünster zu Aonstanz und seine Baugeschichte
angestellt — und dnrch den Druck veröffeutlicht wurden, glaube ich inich hier einer neuerlichen Beschreibung desselben ent-
schlagen zu dürfen, um direct zur Sache zu kommen.

Die größte Zahl aller kirchlichen Bauwerke Deutschlands aus dem lNittelalter sind gewaltsamen Umgestaltungen im
Sinne der jeweilig herrschenden Uunstrichtung unterzogeu worden.

Diese Uingestaltuiigen zeigen sich gerade an den Sitzen der Uultur und des geistigen Lebens wohl deßhalb am
eiuschiieideiisten, weil hier auch dic moralischen und materiellen lNittel vorhanden waren um dem nnwiderstehlichen Drange
der lNenschen nach Neugestaltung Genüge leisten zu könuen.

An dem herrlichen lNünster zu Uonstanz tritt diese Erscheinung ganz besonders zn Tage; jede Aunstepoche vom
t2. bis zum Iahrhundert hat bedeutsame Sxuren ihrer Thätigkeit daran zuriickgelasseu, welche in ihrer Gesammtheit den
Bau zu einem wahren 6oinxsnäiuill der Aunstgeschichte inachen.

Trotz dieser großen verschiedenheit an Aunstformen, welche hier nebeneinander auftreten, macht der Jnnenraum
des Ulünsters doch einen harmonischen Lindruck, welcher nur durch die baroken Zuthaten neueren Oatums bceinträchtigt wird-
Dieser Umstand läßt sich so erklären, daß die Nleister des Sxitzbogenstyles, welche die größten baulichen Aenderungen vor-
nahmen, bei all der Lnergie, mit welcher sie ihr Baus'sstem zur Geltuug brachten, doch stets darauf bedacht waren eine
harmouische Gestaltuug des Innenraumes zu bewahren.

Erleichtert wurde ihnen dies allerdings durch die geistige Verwandtschaft, welche immerhin zwischen Romanismus
nnd dein Sxitzbogenstyl besteht.

Dic Utoistor dcr lsochrenaissance haben an dem Bankörxer selbst keiue eingreisenden Aenderungen vorgenommen,
sio beschränkten sich darauf in den romanisch-gothischen Innenräumen, Altäre, Extaxhien und sonstigon Airchenschmuck ein-
zufügen, wobei noch stets das Bestrebcn wahrgenommen wcrden kann, den Totaleiudruck des Ganzen wohl zu bereichern abor
gewiß nicht vollständig uinzugestalten. Nur mit dom Auftretou des Barokstyles tritt auch die unverkennbaro Absicht auf, den
mitielalterlichen Tharakter des Baues gänzlich zu verdrängen nnd das künstlerische Produkt einer völlig verschiedenen lvelt-
auschauung an seine Stelle zu setzen. In der einfacheii Anführuug dieser Thatsachen beruht zugleich der lsinweis anf ein
programm für die Restauration des Iiinenraumes. Ls gehört zn den Fuiidamentalgesetzen der Baukiiiist, daß jeder Raum,
welcher cinc ivohlthueude harmouische lvirkung hervorbringen soll, in möglichst einheitlichcn, ziun ivenigsteu wahlverwandten
Formen ausgestattet sein muß.

Darnach also ist vor- und Grundbedingung einer jeden Restauration des lllünsters, daß die barokon Gebilde radikal
daraus entfernt werden. llm das Ziel, welches die hieraus solgende Restauration vor Augeu haben muß, durch eiueu
bestimmten Begriff zn kennzeichnen, möchte ich sagen „das lllüuster solle in seinem Innern auf denjenigen Bestand zurück-
gebracht werden, auf welchem es sich etwa am Schlusse des zs. oder zu Beginn des l?. Iahrhundcrts befand."

Ein weiteres Iurückgreifen hielte ich weder für ausführbar noch für wünschenswerth im Interesse der kirchlichen
Aunst, so wie ich überzeugt bin, daß bei consequeiitem Festhalten an diesem Gedanken ein nach allen Seiten hin befriedigendes
Resultat erzielt werden wird. Es kann nicht schwer fallen auf Grund der vorhandenen Ueberreste und durch eingehende
Untersuchuugen nach Beseitigung der Tünche sich ein ziemlich klarcs Bild übcr jenen Znstand dcs Nlünsters im ;s. Iahr-
hundert zu machen und somit eiue sichere Grundlage sür das Detail der zu unternehmenden Restauration zu gewinnen.

Dieses allgemeine Programm involvirt nuii die Entscheidnng über einige wichtige Fragen, welche hier wenigstens
princixiell erörtert werden sollen. Die lherstellung des Bestandes im ;s. Jahrhundert bedingt solgerichtig die Beseitigung des
Gewölbes im Ulittelschiffe. Ich verkeune nicht die Bedeutung dieses Unternehmens in technischer und materieller lhinsicht,

*) Ueber die Gürtelweberei und Behandlung der Seide, rvie solche von Bild !2—x? dargestcllt ist, konnte ich keinerlei
Anhaltsxuncte in den mir zu Gebote stehenden Vuellen finden. Es muß diese Art von Beschäftigung mehr untergeordneter
Art gewesen sein.

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