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H. Schaaffhausen:

sehen Funde als die allein sichern Wegweiser betrachtet. Er be-
zweifelt desshalb, dass die in Gräbern von Pommern, Preussen und
der Mark Brandenburg- gefundenen Schädel mit Reihengräbertypus
germanische seien, weil die entsprechenden Beigaben fehlen. Hier
müssen die Schädel entscheiden und nicht die Beigaben, die in so
weiter Entfernung bei demselben Volke verschieden sein können.

Wenn Virchow behauptet, er besitze Schädel von Athen, die
so aussehen wie fränkische, so darf man vermuthen, dass diese
Aehnlichkeit auf den unglücklichen Indexzahlen beruht, in denen
man allein den wesentlichen Unterschied der Schädel erkennen will.
Besser als diese Zahlen müssen uns die Capacität und der Progna-
thismus, der Stirnwulst und die Hinterhauptsleiste, die Bildung der
Nasenbeine und des Nasengrundes, die Form der Schädelnähte, die Ge-
stalt der Schläfenschuppe und die Beschaffenheit der Zähne in der Be-
stimmung eines Schädels leiten. Auf Grund solcher Merkmale habe ich
drei in den Gräbern von Metz gefundene Schädel2) als die eines Frie-
sen, eines Germanen und eines Lappen bezeichnet. Ich konnte, als
bei der Versammlung der British Association in Swansee im Jahre
1880 2) ein Steingrab in Wales geöffnet wurde, die Schädelreste
als germanische bezeichnen, es befand sich ein Chamaecephalus dar-
unter, was die Angabe Caesar's, dass die Südküste von England
durch Belgier besiedelt worden sei, bestätigte. Auch Ptolemäus be-
merkt, dass viele Stämme im belgischen Gallien dieselben Namen
hätten, wie solche auf der Küste von Britannien. In der Blumen-
bach'sehen Schädelsammlung zu Göttingen befinden sich zwei am
Rhein gefundene Grabschädel unter No. 236 und 237 3), von denen
Blumenbach den ersten von Neuwied für einen Römer, den zwei-
ten von Niederbiber für einen Franken oder Alemannen erklärt hat.
Nach der Form zu schliessen, verhält es sich gerade umgekehrt, die
Beigaben sind dabei nicht entscheidend, indem auch Germanen am
Rhein in römischen Särgen und mit römischen Waffen und Gefässen
bestattet gefunden werden. Es wurde in Köln in einem römischen
Sarge ein über 6 Fuss langes Skelet gefunden4), an dessen Schädel
noch blondes, nur etwas röthlich gewordenes Haupt- und Barthaar sich

1) Jahrb. d. Vereins für Erdkunde, III. Metz 1881.

2) Archiv f. Anthrop. XIII, 1881, S. 512.

3) Vgl. D. anthrop. Samml. Deutschlands, II, Göttingen, Braunschweig
1874, S. 10 u. 11.

4) Rh. Jahrb. LVII 1876, S. 191.
 
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