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Festschrift zum fünfzigjährigen Jubiläum des Vereins von Alterthumsfreunden im Rheinlande: am 1. October 1891 — Bonn, 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.11077#0106
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H. Schaafhausen:

kcrnng einer genauen Untersuchung' unterworfen. Er fand die Ca-
pacität von 100 männlichen altbayrischen Schädeln 1503 cem, von
100 weiblichen 1885. Welcker giebt für 30 männliche sächsische
im Mittel 1448, für 30 weibliche 1300 an, Weisbach für 50
deutsch-österreichische 1521, für 23 weibliche 1336. Ich berech-
nete für 30 männliche rheinische Schädel der Bonner anatomischen
Sammlung' x) 1467 cem, für 30 weibliche 1340. Das sind auffallend
übereinstimmende Zahlen. Ranke will in einer verschiedenen Naht-
verknöcherung die Ursache sowohl des vorspringenden Hinterhaupts,
wie der brachycephalen Stirnbreite im Hochgebirge Bayerns und
Tyrols erklären, deren Bevölketung gewiss älter ist als die germa-
nischen Eroberer. Die Abschliessung der Gebirgsbewohner begün-
stigt die Erhaltung alter Typen, wie die deutschen Sprachinseln der
Sctte Comuni im italienischen Gebirge zeigen. Auch ist Deutsch-
und Wälsch-Tyrol durch die Völkerwanderung am wenigsten gestört
worden. Die Einwanderung in die Thäler lässt sich verfolgen.
Weit in das Pusterthal zogen von Osten her Slaven. Von Nordwest
drangen gegen das obere Innthal schwäbisch-alemannische Stämme,
während der bayrische Stamm durch das untere Thal des Inn von
Nordosten herauf über das Gebirge auf den alten Wegen der Cim-
bern, Gothen und Longobarden in das Etschthal vordrang. In um-
gekehrter Richtung beobachten wir heute Etsch aufwärts die Ein-
wanderung aus Wälsch-Tyrol und Ober-Italien. Ranke nimmt an,
dass die arische Rasse zur Zeit ihrer Einwanderung in Europa ein
gleichmässigeres körperliches Gepräge getragen habe, als wir es
heute an ihr wahrnehmen, wo die geographische Lage ihrer Wohn-
orte ihren Einfluss geübt hat. Finnen, Slaven und Germanen sind
im flachen Norden vorwiegend blond. Im Hochgebirge erscheint
der bayrische, alemannische und romanische Stamm ziemlich gleich-
mässig dunkel. Hier herrscht die Brachycephalie vor, im Flach-
lande die Dolichocephalie. Fr. Tapp ein er2), der die Beinhäuser
Tyrols und die lebende Bevölkerung, im Ganzen 8120 Schädel und
Köpfe untersuchte, sagt, dass die ersten geschichtlichen Bewohner
Tyrols die Rhätier seien, die sich mehr oder weniger mit den rö-
mischen Kolonisten vermischten und in Sprache und Kultur ganz

1) Die anthrop. Samml. Deutschlands, I, Bonn, Braunschweig 1872.

2) Studien zur Anthropologie Tirols und der Sette Comuni, Inns-
bruck 1883.
 
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