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Die Kelten.

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welche das Hochdeutsche schuf, erst um 600 n. Chr. bei Longo-
barden, Alemannen und Bayern begann. Noch lange nachher waren
die verschiedenen deutschen Dialecte dem Gothisch-Niederdeutschen
und damit sich gegenseitig viel ähnlicher als im Mittelalter und
heute. Indem die Lautverschiebung in dem Lande südlich der Do-
nau und nordwestlich von deren Ursprung, welches noch Tacitus,
Germ. 29, gallisch nennt, eingetreten ist und nach Norden zu, wo
unter Karl dem Grossen schon niederdeutsch gesprochen wurde, all-
mählich aufhört, so liegt es nahe, sie dem Einfluss der Kelten zu-
zuschreiben. Dann würde die Nordgrenze der hochdeutschen Dialecte
die des Keltenthums in Deutschland sein, ein Schluss, der durch
Berg-, Fluss- und Ortsnamen mannigfach bestätigt wird. Doch giebt
es auch nördlich davon geographische Namen, welche sich leichter
keltisch als deutsch oder slavisch deuten lassen. Mit dem Gothi-
schen hat das Keltische keine nähere Verwandtschaft, als mit den
andern indogermanischen Sprachen. Es hält sich vielmehr sowohl
durch seine eigenthümlichen euphonischen Lantwechsel, wie durch
die verhältnissmässig gering entwickelte Flexion auf einem ziemlich
einsamen und primitiven Standpunkt. Dass die verschiedenen kel-
tischen Stämme sich vor 2000 Jahren untereinander verstanden, ist
um so wahrscheinlicher, als sie es heute noch zur Noth tliun. Ein
Welshman kann leicht in Irland und allenfalls in der Bretagne
sprechen und verstehen. Beziehungen des Keltischen zum Etruski-
schen sind nicht bekannt. Die Sprache der Basken im Busen von
Biscaya ist iberisch und hat mit der keltischen keine Verwandtschaft.

Ueber die Entwicklung der deutschen Sprache und ihr Ver-
hältniss zu dem Keltischen verdanke ich Herrn Dr. Rud. Much
in Wien noch folgende briefliche Mittheilung: Im Beginn der ge-
schichtlichen Zeit ist von einem Unterschied des jetzigen Hoch- und
Niederdeutsch als von einer viel jüngeren Entwicklung vollständig
abzusehen, ja sogar der Unterschied zwischen Scandinavisch und
Deutsch war damals nur in den ersten Anfängen ausgebildet, ein
Marcomanne konnte sich mit einem Norweger ebenso gut verstän-
digen als heute ein Schwabe mit einem Bayern. Das Gothische des
Wulfila zeigt uns diesen Sprachzweig bei der Thcilung in eine
gothisch-vandalisehe und eine westgermanische Gruppe schon ziem-
lich weit vorgeschritten. Doch ist dies nicht die alterthümlichste Ge-
stalt des Germanischen, zu der wir vordringen können. Die älte-
sten Runeninschriften zeigen noch weit ursprünglichere Sprachformen.
 
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