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Bronzeplatten mit religiösen Darstellungen sind italienische Arbeiten des 16. —18. Jahr*
hunderts. Zum Teil dienten dieselben in ornamentaler, durchbrochener Einfassung mit
rückwärtiger Handhabe als Kußtafeln (Nr. 687/8).

An Kleinbronzen erwähne ich einige hübsche Renaissancefigürchen von stehenden
Männern in Zeittracht, welche als Leuchterträger gedient haben (Nr. 784, 788 und 795).
Recht merkwürdig ist eine nackte weibliche stehende Figur, ein Messinghohlguß des
18. Jahrhunderts, bei der die Brust und der Bauch als Deckel abnehmbar sind und die
vielleicht als anatomisches Demonstrationsmaterial gedient hat. Die Arme der Figur sind
beweglich (Nr. 698).

Gleichfalls hervorzuheben ist ein außerordentlich geschmackvoll mit Ranken graviertes
und geätztes Sicherheitsreiseschloß im alten Originaletui, welches eine seltene englische
Arbeit des 17. Jahrhunderts ist (Nr. 774).

Die so überaus gesuchten alten Beleuchtungskörper der verschiedensten Typen sind in
zahlreicher Fülle vertreten. Wir finden die hübschen und reich getriebenen Wandleuchter
des 17. und 18. Jahrhunderts, mit reflektierender Rückplatte und Leuchterarmen, die
sogenannten „Blaker"; diesen reihen sich dann an die Lichtputzscheren mit ornamen*
talem und figuralem Dekor, die profilierten Standleuchter in den verschiedensten Aus*
führungen und Formaten, die mit Figurenaufsätzen geschmückten Halter mit der Klammer,
welche den brennenden Kienspan hielten, weiter die großen barocken Altarleuchter und
endlich ein sehr interessantes Stück aus Messing, ein zusammenklappbarer Altarleuchter,
welchen die Geistlichen auf die Reise mitzunehmen pflegten (724/5). Auch einige hübsche,
getriebene Weihwasserbecken des 18. Jahrhunderts sind vertreten (Nr. 696, 697, 700).

Aus der Serie der Bestecke sei besonders ein vasenförmiges Lederetui mit 6 Messern
und Gabeln erwähnt, die auf den Messerschneiden Blumenornamente und Inschriften in
schöner, sorgfältig ausgeführter Zierschrift geätzt tragen, während die Griffe aus Elfen*
bein mit vergoldeter Messingfassung geschnitzt sind. Das Ganze ist eine deutsche Arbeit
des 17. Jahrhunderts und in dieser Vollständigkeit und tadellosen Erhaltung bemerkens*
wert und selten (Nr. 986).

Zu den Beleuchtungskörpern müssen wir auch die vielarmigen etagenförmig abge*
stuften Lüster des 17. Jahrhunderts rechnen, welche wir häufig auf den holländischen
Genrebildern von der Decke herabhängend wie angegeben finden (Nr. 400, 401 und 404).
Die Empirezeit hat mit Vorliebe dann neben vergoldeten Bronzelüstern solche aus ge*
schnitztem Holz verwendet, welche größtenteils in reicher Vergoldung prangten (Nr. 406).

Von großem Interesse sind die zahlreichen, reichgeschnitzten, und zum Teil vergoldeten
Spiegel* und Bilderrahmen des 16., 17. und 18. Jahrhunderts, die älteren mit reichem,
zum Teil durchbrochenem schwerem Laubwerk, geflammten Leisten und Puttenköpfen,
die jüngeren, aus dem 18. Jahrhundert, in zierlichen, fein komponierten Rokokoranken.

Eine besonders wertvolle Gruppe bilden dann die Möbel, in der Hauptsache die
prächtigen schweren Renaissancestühle aus Eichen* und Nußbaumholz mit hohen
vertikalen Lehnen, reicher Schnitzerei und Stoff* oder Lederbezügen von deutscher,
italienischer und spanischer Provenienz. Zumeist entstammen dieselben dem 16. und
17. Jahrhundert, und besonders bemerkenswert sind unter denselben die ernsten, vor*
nehmen, bei uns recht seltenen Lehnstühle von spanischer Herkunft (Nr. 1450, 1454
bis 1456). Aus den übrigen Möbeln seien besonders hervorgehoben eine jener schweren
kraftvollen, aus Eichenholz zusammengefügten westfälischen Deckeltruhen mit geschmie*
deten, getriebenen und durchbrochenen, breit in die Holzflächen hineinlaufenden Eisen*
bändern und Schlössern, sowie eine niederrheinische Truhe mit vier Feldern, welche in
Reliefschnitzerei stilisiertes Faltwerk zeigen; letztere ist eine Arbeit aus der ersten Hälfte
des 16. Jahrhunderts, an der auch das alte Originalschloß mit den Eisenbeschlägen
erhalten ist.

Aus dem ferneren Inventar der Sammlung erwähne ich noch einen hübschen gotischen
Marmorkamin mit figuralen Wappenhalterinnen (Nr. 492), sowie eine reich geschnitzte
und mit einem Maskaron geschmückte Wandplatte aus Holz, welche das Hirschgeweih
eines ausgehenden Zehners trägt (Nr. 482), eine dekorative Arbeit aus dem Ende des
17. Jahrhunderts.

Dr. Edmund Wilhelm Braun

Direktor des schlesischen Landesmuseums in Troppau.
 
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