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dringenden Hellenen gegen die barbarischen Urbewohner von
Griechenland, sondern in jedem Giebel ein bestimmter, nam-
hafter Kampf um einen Gefallenen vorgestellt war. Die
Gegenwart der Pallas aber rückt die Scene unabweislich aus
der historischen Zeit, aus den Kämpfen zwischen Aegina und
Athen, oder zwischen Aegina und den Persern, die man eben-
falls hier finden wollte, hinaus, und fetzt sie mitten in die
Heldensage hinein, wo die Göttin persönlich und in ihrer
vollen Rüstung auf dem Kampfplatze erschien, um durch un-
mittelbaren Beistand die Entscheidung für die Ihrigen her-
beizuführen. Man darf sogar sagen, daß es der Gegenwart
derselben nicht einmal bedurft hatte, um auf die Heldensage
hinzuweisen, und hier einen Kampf der Heroen anzunehmen.
Wo ließe sich aus der Zeit des freien Griechenlandes ein
Beispiel dafür auffinden, daß Kampfe der historischen Zeit
und die ihren Mitbürgern wohlbekannten Personen in Sta-
tuengruppen ausgeführt, und gar in die Giebel eines Tem-
pels gestellt worden waren? Nur ein augenblickliches Ver-
gessen der griechischen Art und Weise, des in solchen Fällen
gewöhnlichen, den Sitten gemäßen und der Religion nicht
Widerstrebenden macht es begreiflich, daß selbst Männer von
gründlichem Wissen hier an die Perserkriege denken, und wei-
ter annehmen konnten, daß die einzelnen Bildsäulen keine
bestimmte Bedeutung hätten, sondern eben nur zur nähern
Bezeichnung der Schlacht, und gleichsam als Symbole des
Kampfes dienen sollten. Selbst ein Relief dieser Art an
einem Tempel nachzuweisen, würde nicht leicht möglich seyn.
Die Pompe auf dem Fries des Parthenon kommt hier als
Vorstellung einer zum Tempcldienst gehörigen Ceremonie, de-
ren Darstellung überall keinem Anstande unterlag, nicht in
Betracht; wer aber die vom Lord Elgin nach England ge-
brachten und angeblich vom Tempel der Agleuros stammenden
Reliefs anführen wollte, die nach Visconti *) den Kampf
*) Two Memoirs on llie Sculptures in the collection of the
Earl of Elgin London igi6. p. 124. und in der deutschen Bearbei-
tung der Denkschrift über L. ElginsVerfahren v. Böttiger S. 14ff*
dringenden Hellenen gegen die barbarischen Urbewohner von
Griechenland, sondern in jedem Giebel ein bestimmter, nam-
hafter Kampf um einen Gefallenen vorgestellt war. Die
Gegenwart der Pallas aber rückt die Scene unabweislich aus
der historischen Zeit, aus den Kämpfen zwischen Aegina und
Athen, oder zwischen Aegina und den Persern, die man eben-
falls hier finden wollte, hinaus, und fetzt sie mitten in die
Heldensage hinein, wo die Göttin persönlich und in ihrer
vollen Rüstung auf dem Kampfplatze erschien, um durch un-
mittelbaren Beistand die Entscheidung für die Ihrigen her-
beizuführen. Man darf sogar sagen, daß es der Gegenwart
derselben nicht einmal bedurft hatte, um auf die Heldensage
hinzuweisen, und hier einen Kampf der Heroen anzunehmen.
Wo ließe sich aus der Zeit des freien Griechenlandes ein
Beispiel dafür auffinden, daß Kampfe der historischen Zeit
und die ihren Mitbürgern wohlbekannten Personen in Sta-
tuengruppen ausgeführt, und gar in die Giebel eines Tem-
pels gestellt worden waren? Nur ein augenblickliches Ver-
gessen der griechischen Art und Weise, des in solchen Fällen
gewöhnlichen, den Sitten gemäßen und der Religion nicht
Widerstrebenden macht es begreiflich, daß selbst Männer von
gründlichem Wissen hier an die Perserkriege denken, und wei-
ter annehmen konnten, daß die einzelnen Bildsäulen keine
bestimmte Bedeutung hätten, sondern eben nur zur nähern
Bezeichnung der Schlacht, und gleichsam als Symbole des
Kampfes dienen sollten. Selbst ein Relief dieser Art an
einem Tempel nachzuweisen, würde nicht leicht möglich seyn.
Die Pompe auf dem Fries des Parthenon kommt hier als
Vorstellung einer zum Tempcldienst gehörigen Ceremonie, de-
ren Darstellung überall keinem Anstande unterlag, nicht in
Betracht; wer aber die vom Lord Elgin nach England ge-
brachten und angeblich vom Tempel der Agleuros stammenden
Reliefs anführen wollte, die nach Visconti *) den Kampf
*) Two Memoirs on llie Sculptures in the collection of the
Earl of Elgin London igi6. p. 124. und in der deutschen Bearbei-
tung der Denkschrift über L. ElginsVerfahren v. Böttiger S. 14ff*