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Böttiger, Carl August [Hrsg.]
Amalthea oder Museum der Kunstmythologie und bildlichen Alterthumskunde — 1.1820

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Vierte Abtheilung
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Osann, Friedrich: Ueber eine vor kurzem in Pompei ausgegrabene Hermaphroditenstatue
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https://doi.org/10.11588/diglit.9751#0398
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Finati's ausgehen, nach welcher der Ausdruck des Herma-
phroditen das schaamhafte Gewahrwerden sei, daß ein
Anderer die Zweideutigkeit des Geschlechts bemerke. Diese
meisterhafte Motive der Ueberraschung, das der ganzen Dar-
stellung als Aufgabe zum Grunde liegt, hat der unbekannte
Künstler also ausgeführt: die Last des stehenden Körpers des
Hermaphroditen ruht hauptsächlich auf dem leicht eingezoge-
nen linken Fuße, obwohl sie durch den schamhaft etwas zurück
gezogenen Unterleib, wodurch eine vorgebogene Lage des
Oberkörpers entsteht, sehr erleichtert wird. Der mädchen-
hafte Kopf wendet sich nach der Seite hin, an welcher der
Künstler sich den überraschenden Beschauer gedacht hat, und
verräth vorzüglich durch einen Zug um den Mund einen leich-
ten, plötzlichen Schrecken, der aus Ueberraschung entsteht,
indem die linke Oberlippe sich etwas mehr als gewöhnlich in
die Höhe zieht. Ueber der griechischen Nase erhebt sich eine
nicht hohe, kurze Stirn, so wie sie an den antiken Muster-
bildern einer anmuthigen Jugend gefunden wird und wie sie
überhaupt alte Schriftsteller als Bedingung der Schönheit
aussprechen. Die Haare mittelst des Bohrers ausgearbeitet,
liegen glatt an. Sie sind gefällig hinten in einem Knoten
zusammen gebunden, und lassen sich wie fast der ganze Kopf
mit dem Eigenthümlichen des Apollino in Florenz vergleichen.
Auch ist endlich die Andeutung sehr zierlich gearbeiteter Fau-
nenohren nicht zu übersehen, die dem Geschöpfe sogleich seine
Stelle unter den mythologischen Geschlechtsarten anweisen:
sie sind unbedeutend größer als gewöhnlich, gespitzt und legen
sich an den Kopf geschmeidig an. Der Leib ist dem Künstler
vorzüglich gelungen, indem er der Weichheit des weiblichen
Körpers die Haltung und Kraft des männlichen zugesellt, und
so die reizendste Mischung von weiblicher Anmuth und männ-
licher Stärke, hervorzubringen gewußt hat, obwohl die
Rundung und Fülle des weiblichen Körpers überwiegend
ausgedrückt ist, so daß gerade die Beschreibung des Herma-
phroditen bei Diodor. sic. 4, 6. p. 252 auf diesen paßt,
wo von ihm gesagt wird xal rijv jiev smrgeireiav xal fia-
XaxÖTqroc rov aajjiaro; e%6iv yvvaixa TragefiCpc^
 
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