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Böttiger, Carl August [Hrsg.]
Amalthea oder Museum der Kunstmythologie und bildlichen Alterthumskunde — 3.1825

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Böttiger, Carl August: Ueber die sogenannten Karyatiden am Pandroseum und über den Mißbrauch dieser Benennung
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https://doi.org/10.11588/diglit.9753#0204

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Verholter Erwägung ist die Ueberzeugung in mir immer mehr
befestigt worden, daß aller Mißverstand aus der Verwechs-

dem mit doppelten Agraffen festgehaltenen Halbmäntelchen CßurAoi-
biov, auch wohl im Allgemeinen izs.x'Xibiov') noch einen faltigen
Halbmantel, der von hinten bis an die Kniekehlen herabreiche,
angezogen hatten, und gleichfalls mit den Agraffen über beiden
Schultern befestigt trügen. Allerdings scheint eö so, wenn man in
Stuart die eine dieser Säulenfrauen (man erlaube uns dieß Wort)
besonders in der Stellung vom Rücken her gesehn betrachtet. Denn
da sind deutlich zwei den Rücken durchschneidende Gewandfaltungen
so angebracht, daß der längere Halbmantel unter dem kürzer« noch
ziemlich weit hervorzugehen scheint. Und doch kann der Schnitt
eines einzigen Gewandes so kunstreich eingerichtet gewesen seyn, daß
durch das wohlberechnete Anlegen hinten vier Enden icTzpvyia mit
den dazu gehörigen Knöpfchen zum Vorschein kommen konnten. Allein
Kupferstiche sind hier nicht zureichend. Man müßte die im britti-
schen Museum jetzt befindliche Statue vom Pandroseum wenig-
stens in einem scharfen Abguß vor Augen haben, um den Faltenwurf
von vorn und hinten genau verfolgen und bestimmen zu können.
Alles kommt darauf an, das anzuziehende Mantelgewand (wo die
Arme durchgesteckt werden, also evbvjia, ijtcajxis^ vom bloßen
Ueberwurfmantel Qäfixepövtj, nin'A.os') genau zu unterscheiden.
Denn auch diese letzten wurden zuweilen mit Agraffen über den
Schultern festgehalten, wie bei den Citharöden und ihrem Repräsen-
tanten, dem Apollo Musageteö, bei der tragischen Muse u. s. w.
Aber dann ist kein zweites Anziehmäntelchen darunter. Es ist rei-
ner Ueberwurf. Müller verwechselt beides mit einander. Ich kann
auch bei den hochgeschmückten Frauen im Pandroseum nur Ein
Lbergewand mit durchgesteckten Armen finden und habe, seit ich die
Erklärung dieser Tracht in meinem Commentar zu Tischbeins V a-
sengemalden Th. II. S. 89 f- niederschrieb, keine Ursache
gefunden, davon abzngehen. Aber es gab gewiß mit fortschreiten-
dem Luxus eine Menge Verfeinerungen und Erweiterungen des alten
einfachen, noch an die Dorische Simplicitat erinnernden Doppel-
mäntelchens, Diploidion, weil ja jede schöne Frau auch eine Kal-
 
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