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Böttiger, Carl August [Hrsg.]
Amalthea oder Museum der Kunstmythologie und bildlichen Alterthumskunde — 3.1825

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VI
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Böttiger, Carl August: Ueber die sogenannten Karyatiden am Pandroseum und über den Mißbrauch dieser Benennung
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https://doi.org/10.11588/diglit.9753#0219
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eine solche Blumenkorbträgerin für den Tempeldienst zu
uns Herüberblicken läßt. 220 In Athen wußte man dieß vor
2500 Jahren auch schon. Es gab nichts reizenderes, als
eine in vollem Costüm (das wir in diesem Fall eine vollere
Dorische Tracht mit Ionischer Drapirung nennen möchten)
reizend einherschreitende Jungfrau im Festgepränge oder
Tempeldienst, welche die geweihten Sachen in einem mit
Blumen überdeckten Korb auf dem Haupte trug, mit einem
Worte, eine Canephore. 23) So wie Ovid dichtet,
daß Merkur, indem er diese herrlichen jungfräulichen Ge-
stalten, diese Canephoren, die Heiligthümer in gekränz-
ten Körben zur Burggöttin (festas in Palladis arces)
tragend, aus den Lüften herab erblickte, von ihren Rei-
zen entzündet worden sei; 2/0 so mußte der feine Kunst-
sinn der großen Marmor- und Erzbildner Athens davon
aufs lebhafteste berührt werden. Der große Nebenbuhler
des Phidias, Polyklet, in dessen Werken die zartere weib-
liche Weichheit ein Hauptzug ist, fand in ihnen einen wür-
digen Gegenstand seiner Kunst. Unter den vom Alterthum
gepriesenen Musterbildern in Erzguß, die durch diesen Mei-
ster gleichsam kanonisch wurden, wird auch seine Cane-
phore genannt. 25) Wer auch der Schöpfer der noch

22) Wir besitzen im königlichen Teppichzimmer im Augusteum
auch dieses Bild im ächten Teppich aus Leo X. Zeit.

23) Die er wählte st en Jungfrauen allein wurden Canepho-
ren. S. zu Thucyd. VU Z6. Nach Meursius Collectaneen in
Panathen. c. XXIII. p. 37. hat selbst Visconti nur weniges hin-
zuzusetzen gefunden in seinem Memoire sur les sculptures qui
appart. au Parthenon, p. 48 ft-

24) Metam. II, 713.

25) Cic. Verr. IV. 3. Es ist schon von ander«/ die diese von
Verreö zusammengeraubte Kunstgallerie in besondern Abhandlungen
erläuterten, bemerkt worden, daß Cicero durch die Art, wie er sich
bei der Rede den Namen Polyklets erst zurufen läßt, vielleicht selbst
einen Zweifel an der Aechtheit gehabt habe. Aber das hindert nicht
 
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