Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Böttiger, Carl August [Hrsg.]
Amalthea oder Museum der Kunstmythologie und bildlichen Alterthumskunde — 3.1825

DOI Heft:
VI
DOI Artikel:
Böttiger, Carl August: Ueber die sogenannten Karyatiden am Pandroseum und über den Mißbrauch dieser Benennung
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9753#0221

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
an bis fyetab auf Combe und Otts. Müller (über den Tem-
pel der Polias) alle diese Nachahmungen der am Pandro-
seum aufgestellten Canephoren noch immer Karyatiden heißen:
so ist dieß eine falsche Nachgiebigkeit gegen Vitruv's Mahr-
chen. Wie wahr sagt schon Heinr. Meyer in seinen
Anmerkungen zu Winckelmanns Kunstgeschichte: 28) Es
sind Canephvren, was man Karyatiden nennt.

Nichts ist vortheilhafter zur vollendeten Darstellung
eines schönen weiblichen Arms, als die Hebung des lin-
ken Arms bis zur Schulter. Daher die vielen Stellun-
gen in antiken Dianen - und Venusstatuen, wo bald durch
das Hervorholen eines Pfeiles aus dem Köcher, bald, um den
geflochtenen Haarschmuck beim Heraussteigen aus dem Bade
in Ordnung zu erhalten, bald durch andere Motiven der
linke Arm bis zum Kopf gehoben erscheint. Der größte
aller alten Marmorbildner, Praxiteles, oder einer seiner
Zeitgenossen, fand in dem Tanz der spartanischen Jung-
frauen, den sie alljahrig der Diana, die in dem Flecken
Karya verehrt wurde, zu Ehren aufführten, gerade diese
Stellung, die durch die Gesetze des Tanzes chironomisch
bedingt wurden, äußerst reizend und bildete in dieser Stel-
lung , wobei man allerdings an einen emporgehaltenen Korb
oder an eine andere der Diana geweihten Gabe, welche
durch die Hand unterstützt wurde, zu denken hat. Auch sie
wurde nun eine Musterform der griechischen Sculptur. Die
leichtgeschürzte dorische Kleidung war zur Enthüllung weib-

dienstbare Caryatide darin zu finden. Das sei bei der Herrlichkeit
dieser ganzen Figur ungedenkbar. Aber der Kalathuö auf dem Kopfe
verführt ihn zur Behauptung, es sei eine gracisirte Isis und Guat-
tani unterstützt dieß durch die zwecklosesten Citate. Einen weit kun-
digern Erklärer bekam sie neuerlich an Taylor Combe in den
Ancient marbles of the British Museum P. I. pl. 4-1 wo sie alS
architectonische Statue vollkommen richtig erklärt, aber frei-
lich auch noch Karyatide genannt wird.

28) In. den Anmerkungen. Werke Th. V. S. 332.
 
Annotationen