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Amelung, Walther
Die Basis des Praxiteles aus Mantinea: archeologische Studien — München, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.4582#0021
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— ig —

Figur etwas schlankeres, eleganteres, es tritt auch dadurch, dass der starke
seitliche Überfall über die Umgürtung wegfällt, welcher den Übergang
der Taille zu den Hüften verdeckt, die eigenartige Form des weib-
lichen Körpers klarer hervor. An dem Himation ist besonders der
aufgerollte horizontale Wulst charakteristisch verschieden. Hier
giebt Praxiteles viel mehr stoffliche Fülle und Abwechslung durch
häufigere Überschneidung; durch stärkeres Hervortreten einzelner
Partien entwickelt sich mehr Reichtum in Licht- und Schattenwirkung.
Am deutlichsten aber unterscheidet sich bei beiden die zu den Knieen
herabhängende Partie des Mantels. An der Figur des fünften
Jahrhunderts ziehen sich hier die Falten straff und gleichmässig von einer
Seite zur andern. Bei den praxitelischen Figuren wird der Stoff an
beiden Seiten in die Höhe gezogen, links durch die eingestützte Hand,
rechts durch ein bewusst beabsichtigtes, künstliches Arrangement: es
wird ein Teil unter dem horizontalen Wulst nach oben durchgezogen,
wie es an der Athena besonders deutlich ist, denn hier kommt an der
betreffenden Stelle oberhalb des Wulstes ein kleiner Bausch zum Vor-
schein. Dadurch wird erreicht, dass von beiden Hüften Faltenzüge
abwärts laufen, welche sich unterhalb des Bauches treffen. Hiermit
aber ist der Anfang zu jener Faltengebung gemacht, wie wir sie in
der raffiniertesten Ausbildung an dem Gewände des Hermes von
Olympia finden und wie sie Brunn ebenfalls im Vergleich mit AVerken
des fünften Jahrhunderts folgendermassen charakterisiert hat: »An den
Skulpturen des Parthenon verlaufen die grossen Falten von einem zum
andern Ende in einer sei es geraden, sei es geschwungenen Linie;
es fehlen die sogenannten Augen, welche besonders da entstehen, wo
die Falten in der Senkung zwischen ihren beiden Endpunkten wegen
Mangel an Spannung der natürlichen Schwere des Stoffes folgend in
scharfen Brüchen sich begegnen ').« Ähnlich spricht schon Winckelmann:
»Die Falten ziehen an Figuren der ältesten Zeiten mehrenteils gerade,
oder in wenig gesenkten Bogen gezogen.« »In dem höchsten und
schönsten Stile wurden die Falten mehr in Bogen gesenket, und
weil man Mannigfaltigkeit suchete, wurden die Falten gebrochen, aber
wie Zweige, die aus einem Stamme ausgehen, und sie haben alle einen
sanften Schwung2)«.

') Der Hermes des Praxiteles, Deutsche Rundschau VIII, 1882, p. 193.

•) Geschichte der Kunst des Altertums, Donancschinger Ausg. IV, 6, 2, p. 381 f.
 
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