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Amelung, Walther
Die Basis des Praxiteles aus Mantinea: archeologische Studien — München, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.4582#0022
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— 20 —

Durch dieses künstliche Arrangement1) wird aber nicht allein
grössere Mannigfaltigkeit erreicht; es dient dasselbe vielmehr mit ganz
bestimmter Absicht dem Zwecke, den Körper trotz der complizierten
dreifachen Umhüllung klar werden zu lassen, denn nun markiert sich
der Unterleib — bei der Muse ist auch der Nabel angegeben — und
der Oberschenkel des Spielbeins deutlich, wie es bei der Art des fünften
Jahrhunderts niemals möglich gewesen wäre. Dort bildet die Gewandung,
nur in den Hauptzügen vom Körper abhängig, noch viel mehr einen
Bestandteil für sich, welcher in seiner strengen Einfachheit, mit seinem
einheitlichen Linienzuge, den grandiosen Eindruck der mächtigen Ge-
stalten vollenden hilft.

Zwar giebt es auch im fünften Jahrhundert eine Richtung, ver-
treten z. B. durch Paionios, welche das Gewand nur wie einen nassen
Schleier über den Körper breitet und es so erreicht, dass man die
ganze Form desselben auch durch die Umhüllung empfindet; indes
erreicht sie es eben auf Kosten der Natürlichkeit, und das ist selbst
in den Ausläufern dieser Richtung vom Ende des Jahrhunderts, den
Reliefs der Nike-Balustrade, noch nicht ganz überwunden. Doch hat
Praxiteles von diesen Werken jedenfalls viele Anregungen erhalten und
das Prinzip — gleichviel, ob bewusst oder unbewusst -— von ihnen
übernommen.

Wir werden die gewonnenen Resultate auch durch die weiteren
Beobachtungen bestätigt finden. Zu den beiden behandelten Athcna-
Figuren sei noch erwähnt, dass sich in der Glyptothek zu München
(Brunn, Beschreibung 86, abgeb. bei Baumeister, Denkm., Abb. 168)
eine andere Variation des Typus befindet, welche in allen Haupt-
zügen, auch der Stellung, mit dem Campana'schen Exemplare über-
einstimmt; aber erstens sind die Proportionen des Körpers schlanker
und dann finden sich in den Einzelheiten so durchgreifende Abweich-
ungen, dass wir dieselben nicht allein dem Geschmack eines römischen
Copisten zuschreiben dürfen. Alles scheint vielmehr darauf zu führen,

') Schüchterne Anfänge zu einem solchen finden sich bereits bei einzelnen Gestalten
an dem Sarkophag mit den trauernden Frauen im Museum zu Konstantinopel. Auch ist das-
selbe später in raffinierter Weise und auffallender angewendet worden, wie z B. an einer
Gewandfigur pergamenischer Zeit im Berliner Museum, Beschreibung No. 585. Sehr inter-
essant ist es, zu vergleichen, wie sich Zeitgenossen des l'hidias mit ähnlich gelegten Gewand-
Stacken abfinden, z. li. mit dem Zipfel des Ilimation, welcher über den linken Oberarm des
Apollon am Paitherumfriese herabfällt.
 
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