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Amelung, Walther
Die Basis des Praxiteles aus Mantinea: archeologische Studien — München, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.4582#0030
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— 2t

Nun ist es klar, dass durch die Herkunft des Münchener Kopfes
aus Knidos die früher schon von Brunn gegebene Deutung desselben
und aller anderen zu demselben Typus gehörigen Köpfe auf Köre
wesentlich an Wahrscheinlichkeit gewinnt.

Über die Bedeutung des Originales der Herculanenscrin ist man
lange im Zweifel gewesen: man hat dasselbe für eine Muse, für Köre
oder ein Porträt erklärt. Bei der Entscheidung sind zwei Punkte zu
bedenken. Erstens: Wenn überhaupt in der herabhängenden Linken
einer der vielen Wiederholungen ein Attribut vorkommt, so ist es ein
Strauss von Mohn und Ähren, also das Zeichen der Köre. Man hat
zwar gemeint, das sei nur auf Wunsch der römischen Bestellerinnen
geschehen, welche gewünscht hätten, ihren Kopf auf jener schönen
Figur und zugleich sich selbst als Köre idealisiert zu sehen. Mir ist
indes kein anderes Beispiel einer derartigen Mischung bekannt und
die Voraussetzung ist allzu gezwungen.

Zweitens: Auf demselben Grabe in Andros, auf dem der bekannte
Hermes, die Wiederholung des Antinous vom Belvedere, gestanden
hatte, fand sich eine Figur des behandelten Typus ohne Kopf (Abb. 7),
welche in derselben Grösse und demselben Marmor wie die Statue
des Gottes gearbeitet ist. Mag nun der Schöpfer des Hermes in dieser
Darstellung speziell den Führer der Todten zum Hades haben ver-
körpern wollen oder nicht, darüber kann kein Zweifel sein, dass die
Leute, welche diese Wiederholung desselben auf das Grab ihrer
Angehörigen setzten, das Werk des Künstlers in diesem Sinne ge-
deutet haben. Auf ein Grab aber gehört neben den Psychopompos
keine Erscheinung mit grösserem Rechte als Persephone, die zarte
Königin der Schatten1), und jedenfalls muss bei einer Zusammenstellung,
wie der vorliegenden, diese Deutung als die wahrscheinlichste in Rech-
nung gezogen werden. Hierdurch aber wächst ohne Zweifel die Be-
rechtigung, auch in dem gemeinsamen Originale jener Figur von
Andros und der Herculanenserin Persephone zu erkennen.2)

') Dabei ist es natürlich ganz gleich, ob die Cutter .selbst oder idealisierte Bilder der
Verstorbenen gemeint sein sollten.

s) Auch vergl. man Rohde, Psyche, p. 226, über die Verwandtschaft der abgeschiedenen
Seelen mit chthonischen Gottheiten, ihren Einflnsa auf den Segen des Ackerbaus etc. und
vor allem bei demselben, p. 675 ff., von dem Glauben späterer Zeiten, dass ein Gott die
abgeschiedene Seele in das Land der Wonne geleiten werde: »Nicht allein, aber nächst
Hermes, dem Boten der I'ersephoneia, am häufigsten, wird unter den Geleitsgöttern der
Toten Persephone selbst genannt« Beispiele ebenda in den Anmerkungen.
 
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