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Amelung, Walther
Die Basis des Praxiteles aus Mantinea: archeologische Studien — München, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.4582#0064
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— 62 —

von Olympia. Bei ihm ist allerdings Körper und Gewand getrennt,
aber dieses Gewandstück ist auch für sich überaus charakteristisch
und teilt all seine Eigentümlichkeiten mit den Draperien der zuletzt
genannten Werke. Auch hier finden wir dieselbe ausserordentliche
Freude und geniale Fähigkeit, den Stoff als solchen, seiner Natur
nach, zur Darstellung zu bringen; und ähnlich wie das Gewand bei
den weiblichen Figuren ein selbständiges, dem Körper ebenbürtiges
Interesse in Anspruch nimmt, tritt bei dem Hermes das Gewand als
ein selbständiges, ebenbürtiges Glied der Composition neben die nackte
Gestalt; ja dasselbe wirkt so stark, dass Brunn hierin etwas Störendes,
Unausgeglichenes fand und die Figur deshalb in die Zeit der ersten
unfertigen Jugend des Praxiteles versetzen wollte.

In dem Gewand der Artemis von Ephesos, der Athena im Louvre,
den beiden Figuren vom Maussoleum, der Figur des Asklepios von
Melos und endlich der Köre in Florenz (Florentiner Ant.), erkennen
wir nun die Übergänge der einen Periode zur anderen. Hier wird
noch im allgemeinen an dem älteren Prinzip festgehalten, ja einige
Motive werden conservativ weiter gebildet, aber im einzelnen wird
vieles mannigfaltiger, reicher, effektvoller. Keine Gestalt ist hierfür
wohl so charakteristisch als jene Artemis in ihrer schönsten Wieder-
holung in der Münchener Glyptothek (113).

Endlich ist ja dies nicht das einzige Zeichen für eine eigenartige
Entwickelung des Praxiteles nach seinem Aufenthalt in Klein-Asicn.
Wir spüren dieselbe weniger deutlich in den Körpern, als in den
Köpfen. Selbst zwischen zwei Köpfen wie dem der Knidierin und
dem des Hermes, die kaum mehr als fünfzehn Jahre auseinander
liegen können, besteht ein viel bedeutenderer Unterschied, als andrer-
seits zwischen dem Kopf der Knidierin und dem der Venus von
Arles, des Sardanapal und des einschenkenden Satyrs, die wahrscheinlich

über das Gewand ist vollkommen richtig (vgl. den folgenden Satz des Textes!) und nur der
daraus gezogene Schluss anfechtbar. Die Ausführungen Furtwänglers in den iMeisterwerkent,
p. 529 ff., über die Basis des Hermes darf man leider nicht als Grundlage Im die Datierung
der Statue benutzen, da die sämtlichen thatsächlichen Angaben über die Verwandtschaft mit
den Sophokles-Hasen, von denen dort ausgegangen wird, der Berichtigung bedürfen, wie
ich einer schriftlichen Mitteilung llulle's und mündlichen Angaben anderer entnehme.

Von Olympia aus wird Praxiteles auch in Klis gewesen sein und dort den Dionysos
geschaffen haben; derselbe war nach den Münzbildem (Zeitschr. f. Numismatik NIII, 384)
eine überaus schwungvolle, stark bewegte Figur, welche sicher den entwickeltsten Zeiten
Künstlers angehört. Auch bei ihr umss das Gewand einen bedeutenden Anteil an der
Wirkung gehabt haben.
 
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