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Amelung, Walther
Die Basis des Praxiteles aus Mantinea: archeologische Studien — München, 1895

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https://doi.org/10.11588/diglit.4582#0078
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- 76 -

und kugeliger gerundet. Bei einem AVerk, das man vielfach zu Pra-
xiteles in die nächste Beziehung gebracht hat, bei dem sogenannten
Eubuleus, hat der Augapfel eine ähnliche Form wie an den praxitelischen
Werken, aber sowohl die Erhebung als die beiderseitige Vertiefung
des Apfels ist so übertrieben, wie wir es nie, auch nicht an den
spätesten Werken des Praxiteles finden. Hier herrscht vielmehr, wie
auch in allen übrigen Teilen des genannten Werkes, eine durchaus
malerische Tendenz, welche lediglich auf Illusion hinarbeitet.

Wir kommen zu dem am meisten charakteristischen Teil des praxi-
telischen Auges, zu dem Oberlid. Dasselbe steigt von dem inneren
Augenwinkel aus schräg in die Höhe, verläuft dann, ziemlich tief herab-
hängend, fast ganz horizontal bis zu der grössten Wölbung des Apfels
und fällt darauf etwa rechtwinkelig nach dem äusseren Augenwinkel ab.

Die Weichteile zwischen Braue und Lid sind nicht sehr betont;
nur am äusseren Ende, wo das Lid nach unten umbiegt, legt sich ein
kleiner Wulst mehr an als über das Lied, ziemlich senkrecht das Auge
abschneidend.

Diese Form des Oberlides findet sich nirgends sonst im vierten
Jahrhundert, oder überhaupt in der griechischen Kunst. Ganz deutlich
jedoch erkennt man sie am Hermes von Olympia, der Aphrodite von
Petworth und den guten Repliken sicherer praxitelischer Werke.
Klarer noch als in Marmor muss sich diese Zeichnung natürlich an
Bronzewerken haben constatieren lassen; sehr deutlich ist sie deshalb
auch an der Venus von Arles, dem Sauroktonos, an den Köpfen der
vaticanischen Musengruppe und besonders auch an dem Kopf der
grossen Herculanenserin, welche Flasch a. a. O. bekanntlich für Copie
nach Bronze erklärt hat.

Man vergleiche dagegen die rundaufgeschlagenen Lider skopasischer
Köpfe, bei denen man fast nur die Unterseite zu sehen bekommt, die
Lider bei der Gruppe der Venus von Capua, an dem Ares Ludovisi
und endlich an lysippischen Werken: nirgends finden sich diese speziell
praxitelischen Formen wieder, welche den Augen einen so eigenartig
verschleierten Ausdruck geben. Dass dieser aber gerade durch die
geschilderte Form des Oberlides hervorgebracht wird, kann man nicht
mehr verkennen, wenn man sich einmal daran gewöhnt hat, auf diese
Einzelheit zu achten.

Die Resultate dieser kurzen Analyse werden jedenfalls hinreichen,
die oben auf anderem Wege gefundenen Resultate zu stützen und zu
ergänzen. ________________
 
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