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Eike <von Repgow>; Amira, Karl von [Hrsg.]
Die Dresdener Bilderhandschrift des Sachsenspiegels (Band 1) — Leipzig, 1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.22098#0012
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können, sehr oft noch Ergänzungslinien hinzugefügt, ein paarmal (70 a, 77a)
sogar aus freier Hand, sodass zuweilen die Zahl der Schriftlinien auf 37
steigt; oder er hat die letzten Worte ohne Linien unten angeflickt, wie er
umgekehrt auch die überschüssigen Linien leer Hess, ja sogar einmal (68b)
schon Geschriebenes wieder auswusch, wenn auf der entsprechenden
Kolumne seiner Vorlage der Text zu Ende war oder Platz für eine Zeich-
nung freizubleiben hatte1). Die Breite des Oberrandes einer Seite schwankt
zwischen 2,6 und 3,2, die des Unterrandes zwischen 3,2 und 6,2 cm. Von
den Seiten, die dem Sachsenspiegel-Text voraufgehen hat nur 3a keine
Schriftlinien, lb und 2a haben Schriftlinien in jeder Kolumne und daher
auch die abschliessende Doppelsenkrechte sowohl am Zeilenanfang der
rechten wie am Zeilenende der linken Kolumne. Auf 2 b ist nur die linke
Kolumne mit Schriftlinien versehen, auf la die obere Ecke rechts für das
Titelbild ausgespart, der übrige Kolumnenraum mit Schriftlinien gefüllt. Die
Zahl der Schriftlinien auf la—2b beträgt stets 34.
Schrift. Die Schrift selbst ist gotische Minuskel, zuweilen etwas gedrängt und

auch sonst nicht sehr gleichmässig, aber gross und so kräftig, dass sie oft
durch das Pergament auf der Kehrseite hindurchscheint. Auf Fol. 1 a geht
sie quer über die ganze Seite, deren Kolumnenteilung ausser Acht lassend.
' Sonst steht sie überall in Kolumnen. Jedes Kapitel des Textes beginnt
mit neuer Zeile. Die Tinte, womit die Texte geschrieben sind, ist dunkel-
braun, teilweise etwas ausgeblasst. Die Überschriften sind mennigrot, die
Initialen des Haupttextes an den Anfängen nicht nur der Kapitel, sondern
auch der einzelnen Absätze innerhalb derselben, soweit Bilder dazu gehören,
in Deckfarben und Gold (auf Deckweiss oder Mennige) ausgeführt. In
Blattgold stehen die grossen Initialen der Bücher und Kapitel des Sachsen-
spiegel-Textes, in verschiedenen Farben (rot, blau, grün), doch behufs
schärferer Unterscheidung ebenfalls noch teilweise mit Goldausstattung, die
kleineren Initialen innerhalb der Kapitel. An einigen Stellen der Texte
durchsetzen zu Anfang, in der Mitte oder am Ende von einzelnen hervor-
zuhebenden Wörtern rote Striche oder Punkte die schwarzen Buchstaben,
z. B. Fol. lb, 2a, 3b, 4a (Beil. zu Taf. 7), 5a, 10b, 19b (Beil. zu Taf. 38),
24b, 33a, 35a, b, 40b, 41b, 42a, b, 43a, 44b, 45a, 47b, 48a, 50a, 51a,
58a, 60a, 65a (Beil. zu Taf. 129), 68a, 78b, 79a, 84a, 86a, während die
schwarzen Kapitelnummern des Inhaltsverzeichnisses Fol. 2 a rot unter-
strichen sind. Im Text sind die Kapitelnummern gewöhnlich rot, auf Fol. 21a,
23 b, wo sie neben grünen Schlusszeichen vorkommen, grün. Sie stehen
zuweilen am Rand neben dem Textanfang, meist aber auf der letzten Zeile
des vorausgehenden Kapitels. Bei den Nummern stehen in der Regel noch
besondere Zeichen für den Abschluss des vorausgehenden Textes oder
der Zeile. Hiezu dient das konventionelle pharagraphus-Zeichen, gewöhn-
lich in roter, doch auf den vier ersten Bogenlagen zuweilen in blauer oder
grüner Farbe (blau auch noch Fol. 77b). Dort werden zur Zeilenfüllung
mitunter farbige Punkte, namentlich kreuzförmige Figuren aus Punkten an-
gewandt (z. B. Fol. 3b, 8b, IIb, 17b, 20a, 21b, 22a) und stehen die
Kapitelnummern, regelmässig zwischen zwei Punkten von derselben Farbe.
Von der vierten Bogenlage (Fol. 28), häufiger allerdings erst von der neunten,
d. i. vom Lehenrecht an treten vor den Kapitelnummern Kapitelzeichen
((T), und zwar stets in roter Farbe auf. Von der fünften Lage an lässt
die sorgfältige Behandlung der paragraphus-Zeichen nach; sie nehmen eine
gröbere Form an, bleiben öfter auch ganz aus. Diese Thatsachen reichen
jedoch nicht aus, um den Schluss auf einen Wechsel in der Person des
Miniators zu begründen, um so weniger, als sich doch auch später noch
(z. B. Fol. 51a) paragraphus-Zeichen von feinerem Zug finden. Jedes Blatt
des Sachsenspiegels trägt in der Kolumnenspalte am obern Rand seiner
Vorderseite die Ordnungszahl des Buches in roter Farbe.
Anweisungen Auf den Seitenrändern von Fol. 1 hat der Schreiber in Haarschrift
"denM,mator-dem Miniator den Wortlaut der Rubriken angegeben, ebenso am Rande
links neben dem Sachsenspiegel-Text die Kapitelnummern, auf Fol. 22 a
die Überschrift des II. Buches und an den für farbige Initialen freigelassenen
Stellen innerhalb des Textes die Buchstaben. Wo die feinen Züge der
letzteren nicht von den Initialen gedeckt wurden, kann man sie fast alle
noch jetzt erkennen. Der Miniator hat übrigens diese Winke öfters unbe-
achtet gelassen oder missverstanden, z. B. Fol. 7a Zeile 15, 38b Zeile 1
v. u., 40a Zeile 1 v. o. und Zeile 1 v. u., 53b Zeile 2 v. u., 65b Zeile 1,
72b Zeile 1. Seltener kommt es vor, dass er Fehler des Schreibers ver-
bessert, wie Fol. 44a, Zeile 12, wo er über die geschriebene Minuskel z
Korrekturen, eine blaue Initiale hingemalt hat. Korrekturen mit schwarzer Tinte hat ein
späterer Benützer, der mit der alten Kapiteleinteilung unzufrieden war, an-
gebracht. Die Korrekturen des Textes hingegen, die sich in ziemlicher
Menge teils auf Rasuren oder ausgewaschenen Stellen, teils über punktierten

Zu Obigem s. die Nachweise in Geneal. 352f.

oder durchstrichenen Worten, teils zwischen den Zeilen vorfinden, rühren
vom Schreiber selbst her. Überhaupt lässt sich bei gleichartiger Schreib-
arbeit keine Verschiedenheit der Hände beobachten1).

Gewisse graphische Regeln sind sorgfältig, andere sind minder schreibregein.
aufmerksam beachtet, a ist stets geschlossen, z stets vom Querstrich
durchzogen. / hat meistens den Unterscheidungsstrich, der bald ziemlich
gerade, bald stark gekrümmt erscheint, r hat die doppelte Form. Bogen-
verbindung besteht regelmässig nur in de und or, während sie in do selten
vorkommt. In vo, vor, findet sie sich oft, seltener in vr, vvr (= wur),
wo (= wo), vvor (= wor), br. Dagegen sind a und r, insbesondere in
dar, oft im Bogen verbunden, zuweilen auch e und r am Wortende. Aber
Konsequenz beobachten wir in diesen Beziehungen nirgends, wie denn z. B.
auf Fol. 70b er, auf Fol. 68b br sowohl mit als ohne Bogenverbindung
im Auslaut stehen. Regelmässig ist die Verbindung in pp. Abkürzungen
kommen häufig vor, ohne zu überwuchern. Ausser den lateinischen sind
die meistgebrauchten - und » über Buchstaben. Der wagrechte Strich
bedeutet wie sonst gemeiniglich n oder in und über vn (vn) de oder d.

' ist gewöhnlich = er, oder da ir = er sein kann, = ir (d, w, wgelt,
gewe, wden, wben, entwten, wlt, ab, ab, und, wid, vat, mut, brudn, fundn,
he, /werte, hfchilt, hbge, ftben, ftbt u. s. w.), seltener = re oder ro (spchen,
gebchen). Doch kann auch einfaches e durch - vertreten werden (welchme).
Für ra oder a kann übergeschrieben sein (abkam, fpch, ige, guefchaft,
offebr, mrtir, gemrterit, ht), was aber auch an (ht Fol. 30a) oder ua
(qrtus 57aj bedeuten kann. Für ur kann - (ebinbtig, bge, walpg) stehen,
für ru >■ (ungtwelich Fol. 42aj, für us oder nus oder auch blosses aus-
lautendes s ' (Urban, Bartholome, Urba Fol. 33b, Zyru 43a/ Am Wort-
ende über die Zeile geschrieben sind sehr oft auslautendes t und die End-
silbe te. Doch kann übergeschriebenes t, besonders hinter m — it sein

(in regelmässig, ferner rieh Fol. \b), ebenso g — ig (led , fchuld , gewald ).
Über der Zeile erscheint auch sehr oft das v von ov — ou. w vor n oder
r ist = wu (wnd, -wnnen, betwngen, wrden). u statt u setzt der Schreiber
regelmässig, wo er u deutlich von einem daneben stehenden Buchstaben,
insbesondere n oder in, unterscheiden oder wo er überhaupt der Ver-
wechselung mit n vorbeugen will; also z. B. fün, nuz, mut, kumen, bur,
durch, geuerte, geuordit, gehangen, oriiede, greue, graueschaft, gou; dagegen
fuln, fchult, ftul, gerückte, grübe, dube, bruder, uf. Doch bevorzugt er
ii auch in andern als den vorhin genannten Fällen, so in Jus, lute, kuffin,
bufen, hufe, hulde, hat, buze, vnzucht, Jüchen,ßiberfaduge (Fol 20a). Auch
bleibt er dem einmal angenommenen Gebrauch von u und u nichts weniger als
treu. Oft stehen z. B. auf derselben Seite zu und zu., gezug und gezug,
gut und gut, fuln und fuln, uf und uf ouch und ouch u. dgl. m. u oder
auch u anstatt v (== f) wechselt mit v, z. B. uat und vat, urouwe und
vrouwe, gehangen und gevangen, uormüde und vormüde, Fol. la nebenein-
ander geuenenisse und gevengniffe. Im allgemeinen jedoch erscheint u (u)
gewöhnlicher vor e und a, hingegen v vor o, i und vor Konsonanten, v
oder v — u gebraucht der Schreiber oft anstatt und zu gleichem Zweck
wie ü, regelmässig in vn, vmme, svinen, ausserdem zuweilen in mvgen
(mvgen); ferner vgl. insbesondere Fol. 16a kvmen, bekvmmern und kujmen,
kumen, getvn, und getun, Fol. 17a kvfet und kufet, 24b, 25a vrteil und urteil
u. s. w. An Inconsequenzen fehlt es auch hier nicht, z. B. Fol. 5a zweivnge

und zweiunge, 18b vrteil und urteil, 25a vb und ub, 4b kvmme und
kumene. w, d. i. v mit v verbunden, steht regelmässig vor n, seltener vor
r (s. oben), y für i bevorzugt der Rubrikator. Er setzt dys, ys, wo
des Schreibers Anweisung am Rand dis, is zeigt, ferner sych, wylle, wo
der Schreiber i gebrauchen würde. Dieser hat y in der Regel nur für
Fremdwörter übrig, insbesondere für Namen (Kayn, Ysak, Yfmahel, Moyfes,
Perfya, Tytus, paradys, amye), ferner oft anstatt des konsonantischen i (j)
vor e (ye, yenir, yetne), wovon auch yo (Fol. 18b) beeinflusst sein könnte,
nicht dagegen vor a (iar). Zuweilen setzt er y vor oder hinter Buchstaben,
von denen i weniger deutlich unterschieden werden würde, dennoch ziem-
lich regelmässig in ym, y/nmer, nymant, sowie im Diphthong uy, ferner in
trayne, wayn, clayne, gelegentlich in eigyn, eyn, neyn, wogegen sonst clait,
gefait, getait, mait, gelait. Nach Analogie von ay und uy scheint y auch
in andere Diphthonge einzudringen, namentlich in oi (koyfen, royber, soyget,
irloyben, voyle), woraus sich dann der Wechsel von y und im Diphthongen
erklären dürfte (voyt und voit, nayl und nail, leyen und leien, keyfer und

*) Dass die Textschrift durch den ganzen Codex von derselben Hand herrührt,
nimmt auch Weiland an, Monumenta Germ. Const. II 249.

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