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Amira, Karl von
Die Handgebärden in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels — München, 1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.1171#0081
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Alteneck Trachten I 77, wo ein Priester nur die Braut am Unterarm faßt, während der
Bräutigam ihre Hand ergreift. Auch später benützen noch, wiewohl selten, Künstler dieses
Motiv wie z. B. T. Gaddi 1333—38 bei seiner Vermählung Mariae zu S. Croce in Florenz
(Photogr. Alinari Nr. 6809), der Meister der Ambraser Wilhelmhs. v. 1387 (bei Schultz
Deut. Leben Tai". XIII), der Meister einer Vermählung Mariae aus c. H00 im Prov.-Museum
zu Hannover. Ein Zusammenhang des sonst herrschenden Szenenschemas mit altchrist-
lichen Vorbildern ist schon hiernach wenig wahrscheinlich, um so weniger aber auch, als
sich unten S. 244 zeigen wird, wie die deutschen Künstler des Frühmittelalters sich bei Ver-
mählungsszenen noch enger den einheimischen Formen angeschlossen haben, die bezweckten,
den Erwerb der eheherrlichen Gewalt, durch den Bräutigam zu versinnbilden. Der Wechsel
der künstlerischen Motive während des Mittelalters verhält sich vielmehr zu dem analogen
Wechsel in römischer und altchristlicher Zeit1) wie der Wandel des deutschen Trauungs-
zeremoniells zu dem Wandel des antiken. — Die linke Hand beschäftigen D, H und 0
an der Hauptstelle mit dem Tragen eines Attributs (Schiff, Kübel), woran der Beschauer
den Stand des Kontrahenten erkennen soll.2) Schon von hier aus wird die Entbehrlichkeit
einer Aktion der linken Hand wahrscheinlich. Dies bestätigen auch andere Bilder. Häufig
jedoch ist der linken Hand eine Begleitgebärde, insbesondere ein Kedegestus übertragen
zum Zeichen, daß die Kontrahenten auch sprechen.

23. Die Kommendation. Das Geschäft, wodurch Jemand sich der Gewalt eines
Andern unterwirft,3) wird zuerst in frankolateinischen Quellen genannt ein se commendare
alicui (ad aliquem, in mundeburde alieujus, in manu alieujus) und seiner sichtbaren Form
nach beschrieben mit den Worten se commendare (tradere, dedere) manibus (in manus)
alieujus und se'commendare manibus suis, commendare (dare) alicui manus suas,
commendare manus suas in manus alieujus, genauer sc manibus suis commendare in manus
alieujus, mittere manus suas inter manus alieujus, se tradere manibus junetis alicui.
Die sichtbare Handlung des Andern, der im nämlichen Vertrag die Gewalt über den
sich Ergebenden übernimmt, wird beschrieben als manus manibus suseipere, wie der Inhalt
seiner Willenserklärung als suseipere aliquem sub mundeburdo. Damit stimmen spätere
Beschreibungen aus dem Verbreitungsgebiet des fränkischen Rechts, unter ihnen auch
diejenige überein, welche die sächsischen Rechtsbücher vom Anbieten und Empfangen der
Kommendation (manschaft, hominium) beim Lehensvertrag geben,4) endlich aber auch die
Illustrationen zu den Ssp.-Stellen über Lehensverträge und andere Bilder,5) die sich auf

!) A. Roaabach Rom. Hochzeits- u. Ehedenkmäler G—43, 70 f., 95 f., 103. Sittl a. a. 0. 131 f.
Grarrucci Storia dell1 arte crist. tav. 195, 11, 12; 216, 3; 218, 2; 362, 2. F. X. Kraus Gesch. d. christl.
Kunst I 166, 189.

2) Einleitung zur Ausg. v. D 25 bei Note 12.

3) H. Brunner Deut. Rechtsgeschichte II51, 270 f. Waitz Deut. Verfassungsgeschichte IV2 234—2iQ,
II 252 ff. P. Roth Gesch. des JBeneficialwesens 380 f., Feudalität u. Untertanenverband 208 ff. V. Ehren-
berg Kommendation «. Huldigung 22 ff. Homeyer Des Ssp. zweiter Teil II 320 ff. E. Mayer Deut. u.
französ. Verfassungsgesch. I 164—166, II 33 f., 144 f. J. Grimm Rechtsalterth.1 I 192—194. A. F. Euch
bei Zepernick Miscellaneen z. Lehenrecht IV 343 ff. Du Cange Gloss. s. v. Hominum, Manus. — Über
den entsprechenden Ritus im Altertum Sittl Gebärden 149—151.

4) Lehenr. 22. Vetua auetor I 45.

s) Außer den in den folgenden Noten angeführten a. die (freilich nur im Wesentlichen ausreichenden)
Stiche nach franzöa. Buchmalereien des 14. Jahrh. (letztes Viertel) bei Montf'aucon Monumens III pl. 5, 11.
 
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