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Amira, Karl von
Die Handgebärden in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels — München, 1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.1171#0082
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243

eben diesen Gegenstand beziehen. Der Vassall reicht seine Hände mit aneinander gelegten
Flächen (die ,gefalteten' Hände) seinem Herrn hin; dieser umschließt sie mit den seinigen.
Der Herr pflegt zu sitzen. Da für diesen Fall der Text verlangt, der Vassall solle knieen,
so läßt er sich, wenn die Komposition genau, auf das rechte Kniee nieder. Steht der Herr.
so steht auch der Vassall: Es genügt, aus der Menge von Beispielen einige auszuheben: Der
Vassall kniet vor sitzendem1) Herrn in D Sa Nr. 2, 13a Nr. 1, 33b Nr. 2, 48b Nr. 6,
49 a Nr. 4, 57a Nr. 5, b Nr. 1 (rechts), 2 (rechts), 59b Nr. 2, 63b Nr. 1, 74a Nr. 2, 3, 5,
u. s. w., H 23a Nr. 4, lb Nr. 1, 2, 3b Nr. 2, 5b Nr. 1 (Taf. XXV 11, 1 9, 10, III 7, V 8),
— ebenso auch vor bettlägerigem Herrn D 68 b Nr. 2; — dem entspricht es auch, wenn
er schon beim Anbieten der Mannschaft vor dem sitzenden Herrn niederkniet D 63 b
Nr. 3, 4, H 5b Nr. 3, 4 (Taf. V 11, 12);3) — beide Kontrahenten stehen D 57a Nr. 4,
58b Nr. 2, 5, 59a Nr. 1, 4 (rechts), 60a Nr. 3—5, 61b Nr. 2, 3, 62a Nr. 3, 4, H la
Nr. 4, 5, 2b Nr. 2, 5, 3a Nr. 1, 4, 4b Nr. 1, 2 (Taf. VI 7, 8, II 7, 11, III 1, 4, IV 5, 6).3)
Legen die Zeichner auf genaue Wiedergabe des wirklichen Zeremoniells geringeres Gewicht,
so gestatten sie dem Vassalien, auch vor sitzendem Herrn zu stehen wie z. B. D 8 a Nr. 3,*)
57 a Nr. 2, 67 a Nr. 3, 4, 68 a Nr. 4, b Nr. 5, 69 a Nr. 3, 70 a Nr. 1, b Nr. 2, 72 b Nr. 4,
73a Nr. 2, 3, 74a Nr. 1, 3 (links), H la Nr. 2, 4a Nr. 3, 4, b Nr. 3, 6b Nr. 3 (Taf. I 4,
IV 3, 4, 7, VI 7) u. s. o. Zuweilen läßt sieh diese Licenz durch Rücksichten auf ander-
weitige Zwecke der Komposition rechtfertigen, ebenso wie andere Abweichungen, z. B. das
Anbieten der Mannschaft mit einer Hand, wenn die andere zu einem Zeigegestus notwendig
wird D 64 a Nr. 3.5) Tiefer aber greift eine Änderung, die sich die Ssp.-Illustratoren mit
dem Sinn der leben rechtlichen Kommendationsform erlaubt haben. Ihnen bedeutet sie
nicht mehr bloß einen Vertrag über die Gewalt, wie allerdings wohl in den Fällen des
Anbietens, sondern gewöhnlich den gesamten Lehensvertrag, von dem das Leisten und
Empfangen der Mannschaft nur das erste Stück ist (vgl. oben 239), wiewohl sie unter
Umständen das zweite, die Huldigung, und das dritte, die Investitur, mit der diesen
Geschäften eigenen Formen darstellen, D 57 b Nr. 3 (rechts), 1 (links), 2 (links), 23 b Nr. 6,
63 a Nr. 5, b Nr. 2, 70 a Nr. 1, 3, 77 b Nr. 5, 85 b Nr. 3, 4.

Mag ursprünglich der Kommendationsritus die Unterwerfung eines an den Händen
Gebundenen oder Zubindenden dargestellt haben,6) frühzeitig wurde doch die Bedeutung

1) Auf dem französischen Siegel bei Schultz Höfisches Leben I 650 kniet der Vassall sogar vor
dem stehenden Herrn, dem er sich kommendiert.

2) Ebenso Miniatur aus einer engl. Hs. bei A. Schultz Hof. Leben II 52, Miniatur aus der Metzer
Digestenhs. (c. 1300} bei Hefner-Alteneck Trachten I 77 und auf dem jüngeren Siegel der Stadt Wesel
(14. Jahrh.) bei G-. A. Seyler Gesch. der Siegel 201 (Umarbeitung eines älteren Siegels das. 200).

8) Ebenso Randzeichnung im Cod. Falkensteinensis fol. 7 b (1165—74) in Brei bayer. Traditions-
bücher (1880) 8. Dazu Pfeffel bei Zepernick Sammlung IV 84.

*} = O 13b Nr. 4 bei Büsehing (s. oben S. 234) Nr. 3, irrig gedeutet (Eid) ebenda S. 4.

5) Ein ähnlicher Fall D 27a Nr. 5. — Durch eine gewöhnliche Handreichung ersetzt die Kommen-
dationsform die Aulendorfer Hs. des Richenthal p. 189. Annahme der Kommendation mit der rechten
Hand allein durch einen König, der in der linken das Szepter trägt, Miniatur der Kasseler Wilhelrahs.
bei Stacke Deut. Gesch. I 546.

6) Vgl. einerseits Ed. Roth. 32, 33 und die bei Brunner Beut. Rechtsgesch, II 270 Note 73 ange-
führten angelsächsischen Stellen, anderseits Sittl a. a. O.
 
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