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Amira, Karl von
Die Handgebärden in den Bilderhandschriften des Sachsenspiegels — München, 1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.1171#0087
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248

Hand auf die Schulter legen durch das dem pabeste wizlich $h des Tmniges redeliehe köre.
Dieses beruht wie die ganze Szene ausschließlich auf der Erfindung des Illustrators. Die
Krönungsordines haben keinen Raum dafür.1) Offensichtlich überträgt ferner der Künstler
den bestätigenden Sinn des Handauflegens in H 27 a Nr. 4 (Taf. XXIX 9), wo der König
dem freigelassenen Reichsdienstmann mit der Linken seine -drei Hufen anweist, während
er ihm die Rechte auf die linke Schulter legt und ihn so zum Schöffen macht.2) Auf den
Bildern in D, die den drei zuletzt angeführten entsprechen (46 b Nr. 1, 58 a JjTr. 2, 53 a
Nr. 4) ist das Auflegen durch das Aufheben der Hand ersetzt. Es war dem Zeichner
unverständlich geworden.3)

26. Der kämpfliche Gruß.4) Nach Landr. I 63 § 1 leitet man eine kämpfliche
Ansprache oder den ,kämpflichen Gruß' damit ein, daß man sieb des Gegners ,unter-
windet', d. h. daß man ihn unter Vermeidung von Gewaltsamkeit (gesogenüichen) am Hals-
ausschnitt (hoitbtloche — bi me hovetgate sagt der Urtext, — mit sime houbtfenster das
Meißener Rechtsbuch —) packt und solang festhält, bis der Richter das Loslassen ,erlaubt'.
Einen zu Kampf vahen war ein anderer Ausdruck für dieses Verfahren. Die Ssp.-Bilder
schildern es nicht nur bei dem angeführten Text, sondern auch an einigen andern Stellen,
doch ohne stets mit der Formvorschrift des Rechtsbuches oder auch nur unter sich selbst
übereinzustimmen. Bei I 63 § 1 ist in D 18 b Nr. 4, 0 32 b Nr. 3 der Kläger an den
Beklagten herangetreten und .hat ihn mit der ganzen rechten Hand vorne am Halssaum
ergriffen, während er mit dem linken Zeigefinger auf ihn deutet,5) — ein Gestus, dessen
Sinn am verständlichsten in D, wo der Kläger gleichzeitig nach dem Richter umschaut:
er fragt ihn um die Erlaubnis zum ,Lassen'. Fast genau so wiederholt sich der Vor-
gang in D 41 a Nr. 66) zu III 36 § 1, nur daß hier der Kläger in der linken Hand schon
den Kampfschild trägt, ferner in 0 27 a Nr. 3 (Gegensinn) zu I 51 § 4, wo jedoch der
Ansprecher, dem hier der Kampfschild am Gürtel hängt, den Gegner nicht sowohl oben
am Halsausschnitt als etwas unterhalb am Brustschlitz packt. In D 15 b Nr. 3 hingegen,
wo der Kläger den Kampfschild wieder in der Linken hält, faßt er mit der Rechten den
Beklagten am rechten Oberarm. Bei I 49 tritt er sowohl in 0 wie in D ungerüstet auf:
die Waffen liegen nur am Boden bereit; während er aber in 0 26a Nr. 3 (Gegensinn) den
Beklagten mit der rechten (sc. linken) Hand am linken (sc. rechten) Oberarm packt und
mit dem linken (sc. rechten) Zeigefinger auf ihn deutet, faßt er ihn in D 15 a Nr. 2 mit
der rechten Hand am rechten Oberarm und greift ihm gleichzeitig mit der linken nach
dem Hals. Eine ähnliche Verdoppelung des Angriffs geht bei III 91 § 2 in H 30 a Nr. 2

*) "Vgl. auch A. Diemand Das Ceremoniell der Kaiser- und Königskrönungen von Otto I. bis
Friedrich II. 67.

2) Wohl nur zufällige Parallele der Ritas beim Gruß des Vemschöffen bei Wigand Femgericht 265.

3) Vgl. auch oben S. 172 Note 5, 176 Note 2. — Das Handauflegen auf die Schulter dea Vorder-
mannes kommt bedeutsam auch in der Berliner Beaumanoir-Hs. (Hamilt. 193) fol. 155 vor (zu chap. XLV
des aveus et des desaveus et des servitudes et des franchises etc.). Bei dem mannigfaltigen Inhalt des
Kapitels läßt sich aber kaum ausmachen, worin die Bedeutung eigentlich besteht.

*) Hieza vgl. Grupen Teut. Alterthümer 79 ff.

5) Umgearbeitet in Görlitz Milichsche Hs. fol. 95 a, wo die Funktionen unter den Händen ver.
tauscht sind.

6) Das entsprechende Bild hat H ausgeschaltet; Genealogie 361 oben, 382. 0 72a Nr. 4 zeigt den
Kläger nur zum Kampf gerüstet und schreiend.
 
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