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Amira, Karl von
Die Grosse Bilderhandschrift von Wolframs Willehalm — München, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.14785#0015
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l3ie „große Bilderhandschrift von Wolframs Willehalm".

15

18 Kompositionen aus dem zerstörten großen Werk sind
es so, die wir durch die Meininger Funde neu kennen gelernt
haben und deren Verhältnis zu Wolframs Text wir mit aller
Sicherheit feststellen konnten. Damit finden wir uns nun aber
auch in der Lage, den Charakter der dort vertretenen Buch-
malerei viel vollständiger zu beurteilen, als dies nach den früher
bekannten Überbleibseln möglich war. Mit aller Deutlichkeit
ist jetzt die Aufgabe erkennbar, die sie sich setzt, und der
Plan, wonach sie rücksichtslos diese Aufgabe zu erfüllen sucht.

Die Absicht des Künstlers ist einzig und allein auf Ver-
anschaulichung des Textinhalts fürs Auge gerichtet.
Dekorative Zwecke sind ihm gänzlich fremd. Darum einerseits
die ununterbrochene Begleitung des Textes mit Bildern auf
neben ihm herlaufenden Kolumnen, anderseits das Fehlen jeder
künstlerischen Begrenzung des Bildes im Raum. Kein Rahmen
umschließt die einzelne Szene, und folglich haben die Gegen-
stände keinen eigenen Hintergrund, weder Gold noch Farbe.
Aus dem gleichen Grund kommt es niemals auf die sichtbare
Erscheinung eines Dinges um ihrer selbstwillen an. Außere
Wahrscheinlichkeit wird geradezu abgelehnt; nichts darf in die
Darstellung hereingezogen werden, was der Text nicht wenigstens
andeutet, wie z. B. die Ortlichkeit. Welchen schlagenderen
Beleg dafür gäbe es als die rückseitige Kolumne auf Mein. 551,
wo der Ort der Handlung für alle 3 Szenen der nämliche,
aber nur in der ersten der Rasen zu sehen ist, auf dem Renne-
wart die Kaisertochter antrifft, in den beiden folgenden dagegen
wie sonst immer die Personen keinen Boden unter den Füßen
haben. Nur die erste Szene gehört eben zu den Textworten
(213 v. 10), die von dem Rasen sprechen (vgl. oben S. 14).
Und wenn nur dort Alize sitzt, während sie in Nr. 2 und 3
steht, so dürfte zu vermuten sein, daß in Vers 9 die Hs. eine
von der gemeinen1) abweichende Lesart hatte: diu junge hünegin
sunder saz. Jedenfalls ist die Art der Illustration schlechter-
dings durch den Zweck strengster Wortinterpretation bestimmt.

) diu junge hünegin sunder was.
 
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