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Amira, Karl von
Die Grosse Bilderhandschrift von Wolframs Willehalm — München, 1917

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https://doi.org/10.11588/diglit.14785#0030
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6. Abhandlung: Karl v. Amira

tasie aufs lebhafteste mit, das Fehlende zu ergänzen. Nichts
lehrreicher in dieser Hinsicht als die Kitzinger Bruchstücke
im Cgm. 5249 Nr. 32 (g. 1300). Auch sie gehören, was be-
zeichnend genug ist, zu einem Gedicht über Willehalms und
Rennewarts Taten. Nur waren dort nicht schon bei Anlage
der Handschrift Illustrationen geplant. Aber einer ihrer ersten
Besitzer empfand das Bedürfnis, auf den schmalen Rändern
neben dem Text mit überaus feinen Pinselzügen in winzigen
roten und schwarzen Silhouetten die Kämpfe abzuschildern,
die das Gedicht erzählt. Immer sind es nur ein paar Figür-
chen, die als Mittel zum Zweck vollkommen ausreichen müssen.

Die planmäßige Buchmalerei allerdings hat auch nach der
großen Willehalmhs., wenn wir von der gegen 1300 einsetzen-
den Sachsenspiegelillustration absehen, nicht wieder denselben
Weg betreten. Die Handschriften der höfischen Epen insbe-
sondere bedienen sich der zeichnenden Künste nur um sich zu
schmücken, und dies in einer so ausgesprochenen Weise, daß
man in so reich illustrierten Büchern wie dem Wiener Cod. 2670
(von 1320) nur mit Mühe ein paar schwache Spuren entdecken
kann, die auf ein Nachwirken jenes älteren Werks schließen
lassen. Ich denke da an die Kußszene zwischen Alise und
Rennewart, die sich dort auf Bl. 100 im wesentlichen ganz so
unter zwei Bäumen abspielt wie auf unserm Meininger Bruch-
stück 551. Ich denke ferner an Willehalms Schild, den auch
der Maler der Wiener Hs. mit einem Stern in blauem Feld
heraldisiert, allerdings nur auf den vorderen Blättern (9, 10,
50) mit einem goldenen, später (66, 72, 83, 126, 136, 140)
mit einem silbernen und ebenso auch die Schilde von Wille-
halms Gefolge. Am meisten dürfte für eine Anleihe bei dem
älteren Bilderwerk sprechen, daß jenes Sternsymbol auch in der
Wiener Hs. nicht bloß im Schild, sondern auch über dem
Haupt des Markis vorkommt. Aber mit dem rein dekorativen
Zweck eines so prunkvollen als weitschichtigen Unternehmens
wie der Wiener Kompilation aller Willehalm-Epen hätte sich
ein entschiedeneres Zurückgreifen auf subjektiv symbolische
Absichten nicht vertragen. Sie mußten vielmehr mit Ent-
 
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