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Wolfram <von Eschenbach>; Amira, Karl von [Hrsg.]
Die Bruchstücke der großen Bilderhandschrift von Wolframs Willehalm: farbiges Faksimile in zwanzig Tafeln nebst Einleitung — München, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.14782#0009
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EINLEITUNG

Anlaß ]3ie Vorstudien zu meiner Ausgabe der Dresdener
Studien »Bilderhandschrift des Sachsenspiegels" <Bd. I Leipzig 1902)
legten mir die Frage nahe, ob die Illustrationsweise dieser
und der ihr verschwisterten Rechtshandschriften ihnen eigen«
tümlich sei, wie bis dahin die Kunstgelehrten geglaubt hatten,
oder ob sie sich nicht etwa in den Bahnen irgendeines älteren
Werkes der Buchmalerei bewegt haben könnten.
Die Brudi- Ich durchsuchte die mir am leichtesten zugänglichen Schätze
studte jer Münchener Staatsbibliothek und stieß auf zwei stark be«
schnittene und auch sonst von der Zeit arg mitgenommene
Pergamentblätter, die sich als Bruchstücke einer Bilderhand«
Schrift des Willehalm* von Wolfram von Eschenbach er-
wiesen und zwar einer Bilderhandschrift, deren Illustration
die charakteristischen Merkmale desselben Schemas zeigte,
wonach die Sachsenspiegel - Illustration angelegt ist. Sie
sind im Catalogus codicum manuscriptorum bibliothecae
Monacensis V1 <1920> als Cod.germ. 193 III Bl. 6 und 7,
in K. Lachmanns Ausgabe des Willehalm mit w bezeichnet.
Eine Vergleichung der Bilder dieser Blätter mit denen, die
1836 von F.J. Mone und 1853 von Fr. Kugler aus einem
verhältnismäßig gut erhaltenen Doppelpergamentblatt in
der Heidelberger Universitätsbibliothek — Cod. Heid. 362a,
86 <2-> — veröffentlicht hatten, ergab, daß die Münchener
Fragmente und das zu Heidelberg einer und derselben
Handschrift von Wolframs Gedicht entstammen. Der Cod.
Heid, war nach der auf fol. 2b erhaltenen Signatur der äußere
Bogen von Lage XIII jener Handschrift gewesen. Im Jahre
1913 wurde er von der Münchener Staatsbibliothek er»
worben, die ihn nunmehr als Cod.germ. 193 III Bl. 4 und 5
verwahrt. Rine weitere Vergleichung der Münchener und
der Heidelberger Bilder mit textlosen Zeichnungen, die 1882
A. Essenwein aus zwei Pergamentstreifen des Germania
sehen Museums zu Nürnberg <dort jetzt als Hz. 1104

• Nächstliegende Hilfsmittel für den dieses Gedidites Unkundigen: Die
Textausgaben von K. Ladimann, Wolfram von Esdienbach5 <1891> und
A.Leitzmann, Wolfram von Es<henba<h <1905/06), die (wegen der Reime oft
sehr freie) Übersetzung von San Marte, Wilhelm von Orange (1873), dazu
noch S a n M a r t e, Lieder, Wilhelm von Orange und Titurel von Wolfram von
Esdienbadi<1841)36-84,San Marte, Ober Wolframs von Esdienbadi Ritter-
gedieht Wilhelm von Orange (1871 > und S. S i n g e r, Wolframs Willehalm <1918>.

und 1105 katalogisiert) bekannt gemacht hatte, ergab auch
deren Zugehörigkeit zu jener Willehalm-Handschrift. End«
lieh aber ließen sich damals noch als Stücke davon fest«
stellen zwei Blätter, die zur selben Zeit zwar verschollen
waren, deren Text jedoch im Jahre 1839 von K. Roth
herausgegeben worden war.

Dieses Material reichte aus, um wenigstens eine unge«
fähre Vorstellung von der Gesamtanlage, der Entstehungs«
zeit und der Heimat der zerstörten Bilderhandschrift zu ver«
schaffen. Man konnte erkennen, daß der ganze Text des
Gedichtes, soweit nur der Raum ausreichte, nach derselben
Methode durchillustriert war, die gegen den Ausgang des
13. Jahrhunderts die Sachsenspiegel-Illustration befolgte.
Die Entstehungszeit ließ sich mit annähernder Sicherheit
durch die Jahre 1250 und 1275 begrenzen und mit einer
gewissen Wahrscheinlichkeit näher an 1250 als an 1275
heranrücken. Die Heimat ließ sich als „sächsisch-thüringisch"
umschreiben, ein Gebiet, worin schon über ein halbes Jahr«
hundert früher eine bedeutende, wenn auch ganz anders ge-
richtete Schule der Buchmalerei geblüht hatte. Da ebendort
auch die Illustration des Sachsenspiegels beheimatet war,
so konnte man an ihrem geschichtlichen Zusammenhang
mit der um einige Jahrzehnte älteren Willehalm-Illustration
nicht mehr zweifeln. Über alles dieses habe ich mich in einer
Abhandlung über „die große Bilderhandschrift von
Wolframs Willehalm" in den Sitzungsberichten der phi«
losophisch- historischen Klasse der Kgl. Bayer. Akademie
derWissenschaften 1903 (hier als „Abh. I" bezeichnet) aus«
führlich verbreitet. Die „große" nannte ich die zerstörte
Handschrift, weil ich ihren Umfang auf 230 Blätter mit rund
1380 Bildern veranschlagte.

Im Jahre 1909 kamen die oben erwähnten Rothschen
Bruchstücke, nach deren Verbleib ich bis dahin vergeblich
geforscht hatte, wieder zum Vorschein. Das XXXIV. Heft
der „Bau* und Kunstdenkmäler Thüringens" <von G Voß
1909) brachte in verkleinerten Umrissen Proben von Bildern
aus Handschriften-Fragmenten, die sich damals im Besitz
des „hennebergischen altertumsforschenden Vereins" zu
Meiningen <unter den Sammlungsnummern 548 bis 551)
 
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