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Wolfram <von Eschenbach>; Amira, Karl von [Hrsg.]
Die Bruchstücke der großen Bilderhandschrift von Wolframs Willehalm: farbiges Faksimile in zwanzig Tafeln nebst Einleitung — München, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.14782#0013
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blauen Rock mit Ärmeln und einer etwas überhöhten Mütze
<Taf. XIII1, XIV 1,3>. „Fürsten" des fränkischen Reichs
kennt man auf Taf. XIV an einer gugelartigen Bundmütze
mit Schapel <das wie in den älteren Sachsenspiegel-Bildern
aus einem einfachen schwarzen Band mit dreiblätterigen
Blumen besteht,- vgl. nachstehende Beispiele aus der Heidel«

berger Bilderhandschrift, ferner in den „Teutschen Denk«
mälern" Taf. IV2—5,V8>. Die Heiden erscheinen gerüstet
im allgemeinen wie die christlichen Ritter auf der Heerfahrt,
unterscheiden sich aber von diesen, bei denen das Gesicht
unter dem Topf heim verschwindet, durch das Hersenier und
den darauf gesetzten altertümlicheren Spitzhelm, den bei
ihren Königen eine Krone umgibt <Taf. XV—XVIII, ferner
VII—IX, X verglichen mit XI, XII 1,3>. Unter den Frauen
unterscheiden sich die verheirateten von den unverheirateten
in der Regel durch das Gebände. Nur hinter der verriegelten
Tür ihrer Kemenate hat es die Kaiserin mit einem weißen
Kopftuch vertauscht, wie sie dort auch den blauen Mantel
abgelegt hat, der <über gelbem Rock) sie bei zeremoniellen
Vorgängen ebenso wie die Krone zu kennzeichnen pflegt
<Taf. IV 2,3, V 1,3, II 3>. <Willehalms Mutter) Irmschart
dagegen trägt über dunkelblauem Ärmelkleid einen gelben
Mantel <Taf. I), Kyburg, als Verteidigerin von Orange
Ringpanzer und gelben Waffenrock <Taf. VII—IX), wo der
Text... sie in Waffenrüstung verlangt, dann aber, nachdem
sie sich entwaffnet hat <Taf. X —XII), wie auch schon zu»
vor <Taf. I 3), einen roten oder auch gelben Mantel über
den Schultern und später beim Gastmahl, wo sie ohne
Mantel erscheinen muß <Taf. XIV 1), einen gelben Rock.
Bei diesem Wechsel der Tracht ist für Kyburg um so
wichtiger die Krone, die sie als Königin <ihres Krbreichs

Todjerne) immer trägt____<Die Kaisertochter) Alize tritt

stets <Taf. II 3, V 3, XX) ohne Mantel auf in gegürtetem
grünem Ärmelkleid, das tief zur Erde wallt und so ihren
Wuchs noch schlanker macht. Das Ende des Gürtels hängt
tief herunter. Ihr Haupt umschließt ein schmaler Reif mit
3 <4) Kleeblättern <Lilien?)."
Chrono- Für uns indes hat das Kostüm auch noch den Wert
logisches. e-nes fy[erkma|s cjer Entstehungszeit der Bilder <Abh. I

235—239, 1124—28). Das Kleid der vornehmen Frau
zeigt nicht mehr die weiten und herabhängenden Ärmel«
ausgänge, die noch im ersten Viertel des 13. Jahrhunderts
zur Tracht der Dame gehörten, sondern engen Schluß wie
auf datierbaren Monumenten zwischen 1235 und 1255.
Wie sonst seit der Mitte des Jahrhunderts geht die Frau
höfischen Standes nicht mehr gegürtet <obgleich der Text
gelegentlich [249,8] den Gürtel der Kyburg rühmt) — mit
Ausnahme Alizens, die dem Text gemäß einen Gürtel
tragen muß. Auch die überlangen Schleppen gehören zur
Mode derselben Zeit, Anderseits kennt das Frauengewand
noch nicht den Wechsel farbiger Horizontalstreifen, der in der

zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts beliebt wurde. Männer«
röcke mit Farbenteilung werden zwar von der dienstmänni«
sehen Ritterschaft getragen, wie seit dem 12. Jahrhundert
herkömmlich, hingegen noch nicht vom Herrnstand, bei dem
zwischen 1275 und 1300 diese Mode einriß. Die schwarzen
Beinlinge, wie wir sie an Wolfram, dem „Markis", den
Hofleuten, dem Kaiser sehen, sind zur selben Zeit abge«
kommen. Der Waffenrock ist noch stets einfarbig, während
seine Heraldisierung schon in der ersten Hälfte des 13. Jahr«
hunderts begonnen hat und in der zweiten sich allgemein
verbreitet. Die Heraldik des Schildes ist noch altertümlich.
Außer dem textgemäßen Goldstern im Schild Willehalms
kennt sie nur einfache Heroldsfiguren: Schrägbalken, Kreuz,
Pfahl, Sparren. Ja sogar gänzlich unheraldisierte Schilde
kommen sehr häufig vor. Die Form des Schildes wechselt
zwischen den beiden Typen des Dreieckschildes, die während
des 13. Jahrhunderts einander abgelöst haben, dem älteren
überhöhten mit sphärischem Oberrand und abgerundeten
Oberecken <Taf. VII — IX, XI, XII) und dem jüngeren nahezu
gleichseitigen mit geradlinigem Oberrand und rechtwinkligen
Oberecken <Taf. I, XV — XVIII). Jener herrscht mehr in der
ersten, dieser mehr in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts
vor. Die Willehalm-Illustration teilt jenen hauptsächlich den
„Heiden", diesen hauptsächlich den Franzosen zu, obgleich
keiner einem der feindlichen Heere allein eignet. Vielleicht
hängen die Abweichungen von der Regel mit einem Wechsel
verschiedener Zeichner zusammen. Der beiden Helmformen,
wodurch sich „Heiden" und Franzosen unterscheiden, habe
ich schon Sp. 9 gedacht. Dem konischen Helm ohne Nasen«
band gegenüber steht ein Topf helm, der, den ganzen Kopf
bedeckend, bis unter das Kinn und in den Nacken reicht und
in seiner oberen Hälfte zylindrisch bis zur völlig ebenen
Scheitelplatte emporsteigt. Diese Helmform gehört haupt«
sächlich der Zeit von 1250—1275 an. Eine Helmdecke
fehlt noch. Ihr Gebrauch hat sich erst seit dem Ende dieser
Zeit verbreitet. Wohl derselben Zeit dürfen wir auch den
Eisenhut zuschreiben, wie ihn auf Taf. XIII, XV, XVI
Rennewart trägt. Die halbkugelförmige „Glocke" ist noch
nicht scharf vom schmalen und abfallenden Rand getrennt.
Vgl. A. v. Essenwein in den Mitteilungen aus dem Ger«
manischen Nationalmuseum, 1892, S. 46 —53. Auch das
Schema der Krone — ein „gestrecktes Fünfeck, auf dessen
drei oberen Ecken je eine Perle sitzt und dessen Fläche mit
drei Perlen über einer längs dem unteren Rand hinlaufenden
Parallellinie belebt ist" — hat im zweiten und dritten Viertel
des 13. Jahrhunderts die Kunst des mittleren Deutschlands
häufig verwendet, wogegen sie seit dem letzten Viertel die
Blätter- oder Lilienkrone bevorzugte. Die Kopfbedeckung
des Grafen ist noch eine rein halbkugelige Haube mit Stirnreif
und Bügel, wogegen im letzten Viertel des 13. Jahrhunderts
durch Einfurchung der Haube unter dem Bügel die seitdem
gang und gäbe Grafenmütze <der spätere „Fürstenhut")
entsteht. So weist alles Kostümliche in das dritte Viertel
des Jahrhunderts, eben die Jahre, in die wir auch aus paläo«
graphischen Gründen unsere Handschrift setzen müssen,
und zwar, wie Sp. 2 gesagt, eher in den Anfang als in das
Ende dieses Zeitabschnittes.
 
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