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Wolfram <von Eschenbach>; Amira, Karl von [Hrsg.]
Die Bruchstücke der großen Bilderhandschrift von Wolframs Willehalm: farbiges Faksimile in zwanzig Tafeln nebst Einleitung — München, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.14782#0015
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er zuerst von der dort in einem Fenster der Burg Orange
sichtbaren Kyburg spricht: darzu daz vorcßtficß ungemacß,
da Kyßurg inne ßfeip, diu in nacß Beffe von ir treip.
Gleichzeitig deutet Wolfram nach links wiederum auf Wille-
halm, der aber jetzt mit dem Trauergestus <vgl. die ange-
führte Abhandlung S. 234) die rechte Hand zum gebeugten
Haupt führt, weil KyBurg was sin fießeste pfant, nacß ir
im sin vrowde swant. Zwischen der Bergfeste aber und
dem Dichter sieht man das As, wovon dieser bemerkt: eyn
esse im nieman üßergeßen Bunde in afso gewantem zif
(= spil?>, d. h. nicht einmal ein As konnte ihm jemand bei
solchem Spiel verschaffen. — Die Betrachtungen Wolframs
setzen sich fort auf

Taf. II. M 1 b. Der Text reicht von dem vorhin angeführten
letzten Vers <23 von Abschnitt 162) bis Abschnitt 163

Nr. 1. v. 26. Nr. 1 gehört zu Abschnitt 162 v. 24 — 30. Mitte und
linkes Drittel des Bildes entsprechen denselben Teilen des
vorigen, weil noch von Willehalms Trauer um den Verlust
seiner Verwandten und um Kyburgs Not die Rede ist: diu
verfust der mage twanc in vif usw. Im Anschluß daran
meint der Dichter: iz mocßte ir Barmen äffe de sint des
warengefaußen ane,juden, Beiden,pußficanei—Vau^
likianer, d.h. Katharer, siehe Zöckler bei Hauck Realen-
cyklop. der prot. Theologie XIII, 702 >. Darum deutet er
mit der rechten Hand auf zwei Männer, wovon der erste
an seinem Profil, dem Bart und dem Judenhut genugsam als
Jude zu erkennen ist, der andere in der kegelförmigen Mütze
die „Heiden und Paulikianer" vertreten soll. Wegen der
Tracht des Juden mag hier auf seine ganz analoge Darstel-
lung in der Manessischen Liederhandschrift, herausgeg. von

Nr. 2. F. X. Kraus 1887, Taf. 119 hingewiesen werden. — Nr. 2.
Das blaue M wiederholt die Initiale des Textes, den die
neue Bildergruppe illustriert. Zum drittenmal kehren links
und in der Mitte die Figuren Willehalms und des Dichters
so wieder wie auf den beiden vorausgehenden Bildern, weil
dieser bekennt: micß mute oucß sin ßumßer usw. Kr
fügt jedoch hinzu: so sof icß iu Bereden ßaz, durcß waz
ßer sine zucßt vergaz; do diu Buningin so Brogete
(= groß that), daz ßer se darumße zogete, des twanc in
minne unde andre not, mage unde manne tot. Die
„Königin" repräsentiert ihr Haupt, das über dem linken
Zeigefinger Wolframs hingezeichnet ist. Rechts dagegen
steht die „Minne", eine trauernde Frauengestalt, auf die
Wolfram mit seiner rechten Hand deutet. Zu ihren Füßen
liegen die im Kampf gefallenen „Mage und Mannen". Vgl.

Nr. 3. oben Taf. I Nr. 2. — In Nr. 3 rechts steht Alize vor ihrer
Mutter Tür und hat gemeldet, daß des Markgrafen Zorn
besänftigt sei. Die Königin faßt zwar den Riegel, will ihn
aber noch nicht ohne weiteres dannen sfiezen, sondern
warnt mit Befehlsgestus der rechten Hand: tocßter, ßute,
daz mir din vride icßt verscßerte mine fide. Vgl. „die
Handgebärden" S.212. Alize beruft sich in v. 27-30, die
auf der nächsten Seite standen, auf die begleitenden Fürsten:
mir stet ßie ßi Scßerins und Buov von Komarzi, die
Bant dort suone empßangen, der zorn ist gar zergangen.
Wir sehen die beiden Herrn hinter ihr,- einer ahmt be-
stätigend die hinweisende Gebärde Alizens nach.

Bis zum nächsten Fragment fehlen die Abschnitte 163 Übergang,
v. 27—210 v. 9. Die Königin, gereizt durch die Berichte
von dem Verlust so vieler Blutsfreunde, ist nun selbst auf
des Markgrafen Seite getreten, hat den König umgestimmt
und den lange Zaudernden bewogen, ein Heer von Rittern
und Söldnern gegen die Heiden aufzubieten. Kinen Küchen-
jungen von riesiger Stärke, der dem Hofgesinde zum Ge-
spött diente — Rennewart —, hat Willehalm auf die neue
Heerfahrt in Dienst genommen. Kr zieht nur zu Fuß aus
und bewaffnet mit einer eisenbeschlagenen „Stange", die nur
seine Kraft zu schwingen vermag. Zu Orlens <Orleans>
sammeln sich die fränkischen Streitkräfte. Hier setzt ein

M2a. Der Text reicht von 210 v. 9 bis 211 v. 12. Nur Taf. III.
die rechte Hälfte der Bilder ist erhalten. Nr. 1 greift zurück Nr-l<
auf die Verse 4 f. von Abschnitt 210, die noch auf der
vorausgegangenen Seite gestanden hatten: sins so/des
wart da vifgenomen undwiffecficß von im gegeßen.
Zwei Männer, der eine näher durch die Farbenteilung auf
seinem Rock als Söldner charakterisiert, nehmen Geld-
stücke in Kmpfang, die ihnen der thronende König reicht.
Von diesem sieht man nur eben noch ein Stück des Kissen-
throns und die linke Hand. Das Schema des Thronstuhles
ohne Rücklehne entspricht dem frühmittelalterlichen, wie es
insbesondere auf den Kaiser- und Königssiegeln bis gegen
1150 festgehalten wurde, aber auch noch im 13. Jahrhundert
vorkommt. Vgl, Posse, Siegel der deutschen Kaiserl Taf. 10
bis 20,25 <1,4,5>, 26 <1>, 27 <3>, 32 <4>, 39<4,6>. Die
abbreviatorische Buchmalerei begnügte sich damit das ganze
Mittelalter hindurch. — Nr. 2 zeigt eine Sitzung von vier Nr. 2.
Herrn, unter denen wir zuvörderst an Bart und Kopf-
bedeckung den alten Heimerich (oben Sp. 8) erkennen. Kr
scheint durch den Gestus der Aufmerksamkeit <vgl. Hand-
gebärden S.215> anzudeuten, daß er der Ansprache eines
ihm gegenüber Sitzenden zuhört. Von letzterem gewahren
wir nur noch die Spitze des Zeigefingers und Glieder vom
vierten und fünften Finger der Hand, die zur Aufmerk-
samkeit auffordert <s. a.a.O. S.213). Ks ist die Hand des
Königs, der zu den Fürsten spricht: mant effens veste
<= mahnt eindringlich zur Tapferkeit) uwer man ... uwer
deßeynem si daz feit unde merßez nicßt vor zageßeit,
daz icß ßir ßfiße usw. Die lange Rede des Königs konnte
in ihrer ersten Hälfte den Illustrator nur wenig an seine
Aufgabe erinnern. Doch gehört auf dieser Seite noch Nr. 3 Nr. 3.
dazu. Hörer sind hier die nicht den „Fürsten" zugerechneten
Vassailen, weswegen sie nicht sitzen, sondern mit der Ge-
bärde der Khrerbietung <s. a. a. O. S. 232f.> stehen. Die
Figur des thronenden Herrschers müssen wir uns in die
linke Bildhälfte denken. Die letzten sechs Verse auf der
Schriftkolumne leiten schon über zu

M 2 b, wo nur die linke Hälfte der Bilder bewahrt ist. Der Taf. IV.
Text beginnt hier mit v. 13 von Abschnitt 211 und schließt
mit v. 14 von 212. In Nr. 1 sieht man noch Stücke von der Nr. 1.
linken Seite des sitzenden Königs, insbesondere seine linke
Hand mit Befehlsgestus <s. oben). Links von ihm stehen
die „Amtleute", an ihrer Spitze in blauweiß geteiltem Rock
und mit dem Stab in der Hand der Marschall. Der König
redet sie an: der dienestman, der vrie, der marscßafc
 
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