Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Andreae, Bernard
Studien zur römischen Grabkunst — Heidelberg, 1963

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15193#0072
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
66

Daß in dem Hirtenbild unseres Sarkophags eine bestimmte ideale Lebenshaltung
angedeutet ist, kann durch den Sinn der an entsprechender Stelle auf der rechten
Nebenseite angebrachten Opferszene eine Bestätigung erfahren. Bevor wir darauf
eingehen, müssen wir noch darauf hinweisen, daß noch einmal zwei Hirten auf dem

I Sarkophag begegnen, nämlich am Rand des Mittelstreifens der Vorderseite (Taf.

! 9.10). per rechte ist im Typus des bpnus__pastor gegeben mit dem Schaf auf der Schul-
ter, der linke trägt ein pedum. Man sieht zwar, daß diese beiden Figuren zur Füllung
des Raumes hier angebracht sind357; daß gerade Hirtenfiguren gewählt wurden,
zeigt aber, wie wichtig dem Entwerfer des sepulkralen Programms unseres Sarko-
phags der Gedanke vom Hirtenleben als idealer Lebensform gewesen ist. Ob man
in der Vierzahl der Hirten eine Anspielung auf die in der Sepulkralkunst so häufig
dargestellten vjer_Jahreszeiten3S8 v^rmuten_darf, bleibt eine_Frage, da die Figuren
an der Ecke der Hauptseite in keinem formalen Bezug stehen zu denen des untersten
Streifens der linken Nebenseite.

Aber eine andere Beziehung ist wichtig: Klauser hat in der bereits erwähnten
Schrift359 die wohlbegründete Hypothese aufgestellt, daß mit dem Hirtenbild das
Tugendideal der «piAocv&pcaraa verbunden war. Diese Hypothese könnte durch die
Darstellungen unseres Sarkophages bestätigt werden300. Treffen wir auf der einen
Seite die Frömmigkeit gegen die Götter in der Opferszene verbildlicht, so liegt es
nahe, in dem entsprechenden Bild der anderen Seite die Güte gegen die Menschen
dargestellt zu sehen; pietas erga deos undpietas erga ho/xmes360* wären also die beiden
Haupttugenden, deren der Grabinhaber sich befleißigte. Aber solange wir keine aus-
drücklichen literarischen Zeugnisse besitzen, in denen das Hirtenbild als Allegorie
für humanitas steht, bleibt diese Beziehung der beiden korrespondierenden Bilder
ein, wenn auch verlockender, Deutungsversuch.

7. Symbole

a. Stiertötende Viktoria

Die Opferszene der rechten Nebenseite steht noch in einem anderen Bezug zu
den Bildern des Sarkophags, vor allem zu der Mittelszene dieser Seite (Taf. 20), wo

367 Klauser, JbAC. 3, 1960, 144.

358 Cumont a. O. 489 ff. Flanfmann, The Seasonsarcophagus in Dumbarton Oaks II
(1951) 135ff. Matz, Meisterwerk passim.

350 Klauser, JbAC. 1, 1958, 31 Anm. 51; 3, 1960, 112ff.

360 Während der Niederschrift dieser Arbeit erschien die schon öfter zitierte Bespre-
chung des Aufsatzes von Bartoccini durch Klauser in JbAC. 3, 1960, 143ff., wo dieser
Zusammenhang bereits ausgesprochen wird.

36oa j)er Terminus pietas erga homines begegnet zwar, soweit ich sehe, in der antiken
Literatur nicht und ist hier zur einfacheren Verständigung analog zu pietas erga deos ge-
bildet, aber der doppelte Aspekt der pietas gegenüber den Göttern und gegenüber den
lebenden Menschen ist schon in den Ursprüngen des Begriffs angelegt. Vgl. RE. XX 1
(1941) 1221 ff. s. v. Pietas (Koch).
 
Annotationen