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durch die Symmetrie geforderte dekorative Verdoppelung sein, wir können es aber
auch noch anders verstehen.

Es ist ein alter wissenschaftlicher Streit, ob das Gorgoneion nicht bisweilen
als Mond- oder als Sonnengesicht verstanden wurde. In vorsichtig abwägender
Weise388 hat Ziegler in der Nachfolge Roschers389 die Argumente neuerer Mytholo-
gen untersucht, die das Gorgoneion als Mondgesicht auffaßten, und kommt zu dem
Schluß, daß davon „soviel bestehen bleiben dürfte, daß man in spätantiker, zum
Synkretismus geneigter Zeit hier und da dem Gorgoneion eine lunarische Bedeutung
gegeben hat, bewogen durch die Ähnlichkeiten, die zwar über das ursprüngliche
Wesen nichts aussagen können, aber doch bestehen und die Orphiker300 zum
allegorischen Gebrauch des Wortes Gorgoneion für Mond veranlaßt haben391".

Für das Gorgoneion als Sonnengesicht hat K. Schauenburg392 kürzlich gezeigt,
daß der Nachweis eines,solaren' Gorgoneions nicht zu erbringen ist. Schauenburg393
weist aber daraufhin, „daß Gorgoneion und Kopf des Sonnengottes gewissermaßen
als Gegenstücke auftreten können".

Auf Goldplättchen, mit denen das Gewand aus einem Grab im Kul-Oba bestickt
war, finden sich in großer Zahl Sonnengesichter sowohl als auch Gorgoneia394.
Auf kleinen Terrakottaschilden aus einem Grab des 3. Jhs. v. Chr. aus Eretria,
zum Teil im Nationalmuseum in Athen, zum Teil in Boston395, begegnen Helios-
köpfe und Medusenhäupter. Im Volumniergrab in Perugia396 erscheinen auf Schilden
in zwei einander gegenüberliegenden Giebeln die Büste des Sonnengottes Usil mit
Strahlen ums Haupt auf der einen und ein Gorgoneion auf der anderen Seite397.

A. B. Cook398 hat die hellenistischen und römischen Münztypen zusammenge-
stellt, auf denen man eine Angleichung des Gorgonenkopfes an den Helioskopf
beobachten kann. Wie ein hellenistisches Aition wirkt es, wenn K. Schauenburg399,
einer Anregung Cooks400 folgend, den Typentausch einem rhodischen Magistraten

388 RE. VII 2 (1912) 1644AF. s. v. Gorgo (Ziegler).

389 W. H. Roscher, Die Gorgonen und Verwandtes (1879) 5 ff.

390 Nach dem Zeugnis von Clem. Alex, ström. 5, 49.

391 Cumont a. O. 155 Anm. 4 glaubt auf Anregung Carcopinos, daß das Medusen-
haupt auf der Stele aus Aquincum in Budapest „represente la face de la lune, terme du
voyage des ämes emportees par les vents".

392 Schauenburg, Helios 32 ff.

393 Ebd. 31.

394 Stephani, CRPetersb. 1865, 70ff. Taf. 3, 7. 15. Kondakoff-Tolstoi-Reinach, Anti-
quites de la Russie meridionale (1891) 114. Schauenburg a. O. 20. 33.

395 K. Kuruniotis, 'E<p7]U.. 1899, 228f. Abb. 2. Wolters, Jdl. 14, 1899, 120f. Robinson,
AJA. 2, 1898, 147. Blum, Mel. 33, 1913, 74f. H. P. L'Orange, Studies on the Iconography
of Cosmic Kingship in the Ancient World (1954) 94. Schauenburg a. O. 33.

390 G. B. Vermigliolijl sepolcro dei Volunni (1855) Taf. 3 a. G. Körte, Das Volumnier-
grab bei Perugia (1909) IS. v. Gerkan-Messerschmidt, RM. 57, 1942, 133f. Abb. 3.

397 Schauenburg a. O. 33.

398 Cook, Zeus III 1, 853 ff.

399 Schauenburg a. O. 34.

400 Cook a. O. III 1, 857 Anm. 693.
 
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