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Andreae, Bernard
Studien zur römischen Grabkunst — Heidelberg, 1963

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https://doi.org/10.11588/diglit.15193#0079
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mit dem Namen TOPrOS (nicht Gorgo, wie Schauenburg401 schreibt) in die Schuhe
schieben will, der ein auf seinen Namen bezügliches Münzbild gesucht und den
bekannten rhodischen Münzstempel mit dem Helioskopf unter Zufügung von Kopf-
Hügeln für Medusa verwandt habe, eine Lösung, die Nachahmer fand. Ist es nicht viel
einfacher, hier an die, wie aus dem Vorhergehenden ersichtlich ist, auch sonst zur
Genüge belegte Gegenbildlichkeit von Helios und Gorgo zu denken ?

Als wirkliche Gegenbilder zu Sol und Luna erscheinen nun die Gorgoneia auf
dem Sarkophag von Velletri. Der Gedanke könnte der sein, daß so, wie der Himmel
mit seinen Leuchten Sonne und Mond sich über der Oberwelt spannt, so die ewige
Nacht mit den Gegenbildern von Sonne und Mond, dem ,antisolaren' und ,anti-
lunaren' Gorgoneion, wenn man so sagen darf, über der Unterwelt herrscht.

Gorgonenhäupter begegnen außerordentlich häufig auf Grabdenkmälern402,
| und ganz gewiß haben sie nicht immer die ,antisolare' oder ,antilunare' Bedeutung,
die wir auf unserem Sarkophag glaubten feststellen zu können. Oft sollen sie wohl
eine rein apotropäische Wirkung haben. Es gibt aber insbesondere einen Sarkophag
im Thermenmuseum403 mit der Darstellung der Heroisierung eines Knaben, der
unsere Deutung stützen kann. Auf der Rückseite finden sich zu beiden Seiten
einer Szene verzückt tanzender Eroten zwei Gorgoneia, und unter jedem liegen
Köcher und Bogen. Cumont404 hat mit Recht Marrou's Vorstellung, es handele sich
um die Waffen des Eros, widerlegt und unter Hinweis auf den Deckel des Sarko-
phags aus Sidon in Kopenhagen405 dargetan, daß damit die Embleme Apollos und
Dianas gemeint sind. Nun glauben wir den Gedanken noch klarer fassen zu können.
Die Medusenhäupter des Sarkophags im Thermenmuseum sind vielleicht nicht nur
apotropäisch zu verstehen. Möglicherweise stellen sie wie beim Sarkophag in Velletri
Idie Gegenbilder der irdischen Gestirne Sonne und Mond im Jenseits dar.

Auch in der Schilderung des Elysiums bei Vergil heißt es, daß eine eigene Sonne
und eigene Gestirne die Gefilde der Seligen beleuchten:

solemque suum, sua sidera norunt106.

Es ist natürlich eine eher poetische, nicht streng sachlich zu verstehende Bild-
lösung, wenn auf dem Sarkophag von Velletri über der Darstellung des Jenseits
die Göttin der Nacht ihren Mantel breitet und Gorgoneia an die Stelle von Sonne und
Mond getreten sind.

401 Schauenburg a. O. 34.

402 Die Darstellungen von Gorgonen auf Grabdenkmälern sind so häufig, daß hier
auf ihre Zusammenstellung verzichtet werden muß. Vgl. P. Hommel, Studien zu den
römischen Figurengiebeln der Kaiserzeit (1954) 66.

403 J. J. Bachofen, Adl. 40,1868 Taf. QR. H. Marrou, RA. 1, 1933, 163ff.; MouctixÖ?
<xv7)p (1938) 33 Nr. 9. Cumont a. O. 338ff. Taf. 38. Bachofen, Ges. Werke VII (1958)
288 Taf. L.

404 Cumont a. O. 339.

405 Ebd. 318 Taf. 34.

406 Verg. Aen. 6, 641.
 
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